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Fünftes Buch.

Nun will ich das fünfte Buch anfangen zu meiner großen Betrübnis. Meine herzlieben Kinder, nun will ich euch erzählen den Anfang bis zum End, daß euer lieber Vater krank geworden und gestorben ist. Es ist am 19. Tebeth 1689 gewesen, da ist mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – euer lieber Vater, am Abend in die Stadt gegangen. Es hatte ihn ein Kaufmann beschieden, der etwas mit ihm handeln wollte. Wie er nun bald an dem Kaufmann sein Haus kommt, ist da ein spitziger Stein, über den er leider Gottes gefallen ist und hat sich leider Gottes einen solchen Schlag gegeben, daß wir alle noch darüber zu klagen haben. Also ist er – er ruhe in Frieden – elendiglich heimgekommen.

Ich bin im Hause meiner Mutter gewesen und man hat mich heimgerufen. Wie ich nach Hause gekommen bin, ist mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – am Ofen gestanden und hat gekrächzt. Ich hab mich erschreckt und gefragt, was ihm fehlt. Sagt er: »Ich bin gefallen und ich fürchte, daß es mir wird viel zu schicken geben.« Also hat er sich leider nicht regen können, und ich hab ihm alles aus den Taschen nehmen müssen, denn wie er – er ruhe in Frieden – in die Stadt gegangen ist, hat er alle Taschen voll mit Juwelen mitgenommen. Und wir haben leider seine Verletzung nicht verstanden, denn er hat schon viele Jahre einen Bruch gehabt. Und wie er gefallen ist, ist er leider auf die kranke Stelle gefallen und die Gedärme haben sich leider ineinander verschlungen. Nun, wir haben allezeit ein Bett in der Stube liegen. Aber er hat nicht wollen und wir haben ihn müssen hinauf in die Kammer bringen.

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_185.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)