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des Gerechten gesegnet – genommen hat, die Krone unseres Hauptes.

Im Jahre 1689 ist der Zorn Gottes – gelobt sei er – auf uns gekommen und er hat das Teuerste weggenommen, indem mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – leider gestorben ist und mich mit acht Waisen hat sitzen lassen. Auch die vier verheirateten Kinder hätten ihren getreuen Vater noch gar nötig gehabt. Nun, was soll ich reden, und was soll ich sagen! Gott hat unsere Sünde getroffen.

So einen lieben Mann und meine Kinder, so einen braven, reinen, frommen Vater zu verlieren und uns wie eine Herde ohne Hirten zu lassen!

Ich hab mir als gedacht, ich werd so glückselig und die erste sein, und daß Gott mich zuerst würde zu sich nehmen, denn ich bin allezeit zu Lebzeiten von meinem Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – kränklich gewesen. Und wenn mir was gefehlt hat, dann hat sich der fromme Mann allezeit gewünscht, daß er möchte der erste sein, denn er hat allezeit gesagt: »was sollte ich mit den lieben Kindern tun?« welche er so gar überaus herzlich geliebt hat. Aber es ist scheinbarlich zu sehen, daß es seine Frömmigkeit gewesen ist, daß ihn Gott – er sei gelobt – früher von der Welt genommen hat, daß er – er ruhe in Frieden – in Reichtum und Ehre gestorben ist und nichts Böses vor sich gesehen hat. Er hat großen Reichtum gehabt, und seine Kinder, die er verheiratet hat, hat er in Reichtum und Ehre verheiratet. Er – er ruhe in Frieden – ist selber ein wackerer, weit bekannter Mann gewesen und also von dieser Welt in Reichtum und Ehre geschieden. Er hat seinen Kindern gelassen, daß sie haben ehrlich zurechtkommen können, und man kann von ihm sagen, daß er glücklich gestorben ist, wie Solon in seiner Geschichte gesagt hat.

Mich hat er leider in Elend gelassen und mir ist täglich neues Unglück geschehen, womit ich ordentlich mein fünftes Buch anfangen werde, welches leider ein Buch wie das Klagelied um Zion ist und ein bitter schreiendes Buch.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_182.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)