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sein, daß ein anderer König oder ein anderer Fürst mit dem König einen Krieg führen wird, er kann ihn bezwingen, so daß er ihn von seinem Reichtum, Land und Leuten wegjagte und ihn vielleicht gar um sein Leben brächte. Weiß er sich denn glücklich, wenn sein Ende – wo Gott vor sei – sehr unglücklich und miserabel wäre?« So sagt der König Krösus: »Solon, was dünkt ihr euch, daß ihr eine Privatperson mit seiner Glücklichkeit unserer Majestät vorzieht.« – »Eure königliche Majestät,« sagt Solon, »weil jener glücklich gestorben ist, und es soll sich keiner rühmen, als bis er sein Ende sieht. Es kann sein und ist zu wünschen, daß dem König seine Glückseligkeit bis an sein Ende bleiben kann, aber es kann auch sein, daß es gehn kann, wie ich dem König schon gesagt hab.«

Also erzürnt sich der König sehr und er nimmt seinen goldnen Stab und stößt Solon damit hinweg und befiehlt ihm, nimmermehr an seinen Hof zu kommen.

Also ist der gute Solon hinweggegangen. Es ist etliche Jahre angestanden, daß der König Krösus in seiner Herrlichkeit und Glückseligkeit also fortgelebt hat und an seinen guten, klugen Philosophen nicht mehr gedacht hat. Aber eine Zeitlang danach hat der König Krösus einen Streit bekommen wegen etlicher Grenzverletzung. Aber es hat nicht lange gewährt, daß dieser Streit zum blutigen Krieg ausgeschlagen ist, welcher etliche Jahre gewährt hat. Aber endlich hat Krösus den kürzeren ziehen müßen und hat die Schlacht verloren und sein Gegenpart – ein anderer König – hat den Krösus gefangengenommen. Nachdem derselbige König dem Krösus sein ganzes Land hat eingenommen und alles wohl besetzt hatte, ist er mit dem gefangenen König Krösus wieder in sein Land gezogen. Seine Räte und Kriegsobersten haben Rat gehalten über den König Krösus, was man ihm für einen Tod antun soll. Also haben sie ihn endlich alle einträchtig zum Feuertod verdammt, daß man ihn verbrennen soll. Also ist alle Zurüstung zu einem so großen Werk gemacht worden, und es ist viel Volk von weit und breit dazu gekommen, um

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_162.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)