Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gewesen sind, hat mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – die halbe Mitgift verdient gehabt.

Vierzehn Tage vor der Hochzeit sind wir mit Pauken und Tanz mit mehr als zwanzig Leuten nach Cleve gereist und sind wohl und mit Ehren empfangen worden. Wir sind in ein Haus gekommen, das fast eine königliche Wohnung gewesen ist und in aller Art wohl möbliert wie ein Herrenhaus. Nun, den ganzen Tag hat man keine Ruhe gehabt von vornehmen Männern und Frauen, die alle gekommen sind und die Braut sehen wollten. Und in Wahrheit ist meine Tochter gar schön gewesen und hat nicht ihres Gleichen gehabt.

Nun ist große Zurüstung zu der Hochzeit gewesen. Damals ist in Cleve der Prinz gewesen, und damals hat noch der älteste Prinz gelebt, welcher Kurprinz gewesen ist. Und dieser ist ein junger Herr von ungefähr dreizehn Jahren anzusehen gewesen. Aber nicht lange danach ist der älteste Kurprinz gestorben und dieser ist an seiner statt Kurprinz geworden.

Auch sind dort Prinz Moritz und andere Fürsten und Vornehme gewesen. Alle haben sagen lassen, daß sie bei der Kopulation sein wollten. Also hat sich sicher der Vater des Bräutigams, Reb Elia Cleve, schon vorher eingerichtet auf solch hohe Gäste. Am Hochzeitstage gleich nach der Trauung war eine gute Kollation zugerichtet von allerhand Konfitüren und allerhand guten fremden Weinen und fremden Früchten.

Nun kann man sich wohl denken, was für ein Durcheinander und Wesen als da gewesen ist und daß der Vater des Bräutigams, Reb Elia – er ruhe in Frieden – und all seine Leute all ihre Gedanken nur darauf gerichtet haben, die vornehmen Gäste zu traktieren und wohl zu akkommodieren. Sie haben sogar nicht Zeit gehabt, einer dem anderen die Mitgift zu liefern und zuzuzählen, wie es Sitte war.

Also haben wir unsere und der Schwiegervater Reb Elia – er ruhe in Frieden – seine Mitgift in Beutel getan und versiegelt, daß man sie nach der Hochzeit zählen sollte.

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_136.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)