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Aber er hat nichts begehrt, als Thora zu lernen, und hat mit seiner Armut fürlieb genommen und sich ganz auf Gott – er sei gelobt – verlassen. Also bedeutet Hillel, daß die Armen zur Verantwortung gezogen werden.

Danach bringt man die Bösen, die sich im Diesseits hübsch geführt haben, Dirnen nachgelaufen sind und sich hübsch gegen sie geziert und in allen Sünden befangen gewesen, die bringt man auch vors Gericht und fragt sie, warum sie so viel Böses getan und so ausschweifend gewesen sind. So sagt der Böse: »Mein Herr der Welt, ich bin gar ein hübscher Mensch gewesen und darum hat mich die Versuchung auch verführt, und Weiber haben sehr nach mir gelüstet, daß ich hab müssen ihren Willen tun.« Also sagt man: »Bist du denn schöner als der fromme Josef und hast du größere Verführung gehabt als der fromme Josef, da er bei seines Herrn Weib im Hause gewesen ist, die ihm abends und morgens seine weißen Hemden geschickt und einen goldenen Kamm, daß er sein Haar sollt damit ausstrählen, und anderes Geschmeide außer der großen Anreizung und der Worte, die sie ihm gegeben hat?« Und der gute, gerechte Josef hat doch nicht gewollt und hat seinen bösen Trieb überwunden, weil er sich nicht verunreinigen wollte, wie es heißt: »Er hörte nicht auf sie, bei ihr zu liegen, mit ihr zu sein.« Das ist zu verstehen, er hat nicht wollen bei ihr liegen auf dieser Welt, weil er nicht mit ihr sein wollte auf jener Welt, und ist nebbich darüber so jämmerlich ins Gefängnis gekommen. Und wenn nicht Gott mit seinem großen Erbarmen gewesen wäre, hätt er können ums Leben kommen. Doch er hat es nicht geachtet und sein böser Trieb hat ihn nicht beherrschen können. Also bedeutet der fromme Josef, daß die Bösen zur Verantwortung gezogen werden.

Was soll ich lang davon schreiben? Unsere Weisen haben schon viel davon in den Moralbüchern geschrieben.

Danach werden die dicken, fetten Reichen gebracht, die ihre Zeit als verbracht haben mit gut essen und gut trinken und Gott und seine Gebote nicht geachtet haben. Also werden sie auch gefragt werden, warum sie keine Thora

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_131.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)