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so wohl man von Gottes wegen – sein Name sei gepriesen – seine Seele opfern soll, also gehört es auch, sein Geld zu opfern von Gottes wegen – sein Name sei gepriesen. »Es gibt Menschen, denen ist ihr Geld lieber als ihr Körper.« Aber nur das ist recht gedient, »mit ganzer Seele und mit ganzem Vermögen«, wenn man das leidige Geld nicht achtet, und wem Gott seinen Reichtum gibt, daß er ihn recht anlege und die Verwaltung gut versieht, wie ich schon geschrieben habe, und falls ihn die Versuchung jeweils verführt und er sieht Geld, das nicht sein ist, und dadurch viel Böses kommen kann und sogar Lebensgefahr darauf steht, und daß ein Menschenkind Körper und Seele gefährdet um Geldes wegen, das finden wir leider alle Tage. Also ist es auch recht, daß unsere Weisen gesagt haben, daß mancher lieber hat das leidige Geld als seinen Körper. Und sogar die Seele hängt er auch an das verfluchte Geld, wie dem Menschen geschieht, dem Gott – er sei gelobt – Geld gibt und ihn zum Verwalter macht, und er weiß nicht damit umzugehen. Sein betrübtes und verstocktes Herz und die leidige Versuchung lassen es leider nicht zu, daß er bei seinem Leben sein Geld auf die großen Zinsen anlegen kann, die unermeßlich und unschätzbar sind. Und er hat lieber, daß er nach seinem Tod seinen Kindern große Reichtümer läßt, als daß er sich seinen Anteil für sich nimmt, wie doch steht: »Jeder ist sich selbst ein Nächster.«

Und noch eine große Nichtigkeit sieht man in der Welt. Es sind Leute da, die gar keine Kinder haben und sind doch so erpicht auf das Geld und verschließen ihre Hand vor den Armen und Bedürftigen, und sie wissen doch, daß sie so großen Reichtum haben, daß sie all ihre Tage genug haben, und doch sorgen sie und wollen nicht gern von ihrem Geld nehmen und haben nimmer genug.

Von ihnen heißt es: »Es ist noch keiner gestorben, der nur die Hälfte seiner Wünsche erreicht hat.«

Auf dieselbigen Leute hat auch König Salomo – er ruhe in Frieden – gesagt, wie in Koheleth steht: »Da ist

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_128.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)