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Kindes, meines Sohnes Reb Mordechai, hat müssen unter das gemeine Volk kommen.

Die Ratsherren und das ganze Gericht haben gesagt, daß es ein ehrlicher Handel ist und daß man nicht nötig hat, den Kaufleuten wieder etwas von ihrer Ware zu geben. Denn er hat es ehrlich und redlich gekauft und man hat ihm doch keine Ruhe geben wollen und hat ihn gezwungen, und er hat das Seinige fast wegwerfen müssen und mit den Kaufleuten einen Vergleich machen. Das war leider die Ursache davon, daß er zugrunde gegangen ist.

Wie mir und ihm nun zumute gewesen, das soll der große Gott noch vor sich nehmen und es soll eine Sühne für unsere Sünden sein. Nun, es ist in Gottes Namen geschehen, daß man meinen Sohn so bedrängt hat. Gott vergelte ihnen ihre Taten. Ich kann den Mann, den ich in Gedanken habe, nicht beschuldigen, denn ich weiß seine Gedanken nicht. »Der Mensch sieht ins Auge u. s. w.,« aber das weiß ich wohl, meine Kinder sind junge Leute gewesen und hatten etwas Kredit nötig gehabt. Wie es beim Handel üblich ist, haben sie einige Wechsel verkaufen wollen. Kaufleute haben die Wechsel von ihnen genommen und sie geheißen, nach der Börsezeit wieder zu kommen. Nach meinem Bedünken hat derselbe Kaufmann einen Juden, auf den er viel gehalten hat, befragt. Als meine Kinder nun nach der Börsezeit kommen, um gegen die Wechsel mit guten Indossamenten Geld mittelst Banco zu empfangen, hat ihnen der Kaufmann die Wechsel wieder gegeben. Dadurch haben sie sich oftmals nicht zu helfen gewußt.

Nun, du großer, einziger Gott, ich bitte dich vom Grunde meines Herzens, verzeihe mir, denn es kann sein, daß ich demselben unrecht getan habe, auf den ich in Gedanken hingewiesen habe, und es kann wohl sein, daß, was er getan hat, alles im Namen des Himmels gewesen ist.

Also muß man alles dem großen Gott befehlen und daran denken, daß diese eitle Welt bald vorübergeht.

Wiewohl du großer Gott es weißt, wie ich meine Zeit in großen Sorgen und großer Betrübnis meines Herzens zubringe.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_115.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)