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Bruder Samuel seine Tochter gegeben hat. Und nach all dem hast du ja den Vertrag selbst gebrochen. Anstatt daß du hast sollen zweitausend Reichstaler erlegen, hast du nur fünfhundert erlegt. Zudem ist ja in unserem Vertrag gestanden, falls nicht jedes Jahr in der Gemeinschaft zweitausend Reichstaler verdient werden, so ist unsere Gemeinschaft aus. Nun weißt du wohl, daß wir knapp tausend Reichstaler verdient haben. Und in dem Vertrag steht ja ausdrücklich, falls die erwähnte Summe nicht verdient wird, hab ich die Wahl, zurückzutreten. Zu dem Ende ist es für uns beide nicht dienlich gewesen. Also sind wir einer vom anderen mit gutem Willen und vollem Bewußtsein zurückgetreten laut unserer Dissolution. Was willst du da noch weiter haben? Ich bitte dich, mache der Welt kein Maulspiel, denn wir sind wie Brüder, wir können, so Gott will, weiter zusammen handeln« und ähnliche Worte.

Aber das hat bei meinem guten Reb Juda alles nichts helfen wollen, er ist bei seiner Geige geblieben. Nun, was hat mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – tun sollen?

Nach vielem Wortwechseln und Zanken, was zu der Sach gehört hat, haben sich Leute dazwischen gelegt und einer hat dem anderen den Handschlag gegeben, daß sich ein jeder einen Schiedsmann nehmen sollte und sie sollten nach Hildesheim zum Oberrabbiner zu Gericht kommen. Die Zeit ist nach vier Monaten gestellt worden. Mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – hat sich alles gefallen lassen müssen, »denn wer kann mit dem Stärkeren rechten«. Und es ist wissiglich, daß derjenige der Stärkere ist, der die Sachen in der Hand hat. Also ist mein Mann – das Andenken des Gerechten gesegnet – mit solcher Verrichtung wieder nach Hause gekommen und hat mir alles erzählt.

Wir haben uns sehr gegrämt, denn wir haben gewußt, daß wir so in Wahrheit und Treue mit dem Mann gehandelt haben und ihm so viel Gutes getan haben, was uns Gott – er sei gelobt – bezahlen soll. Mein Mann – das Andenken

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_106.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)