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und sich in großer Eile zum Kaiser krönen lassen. Stracks nach verrichteter Krönung hat er der Kaiserin Irene persönlich zugesprochen und ihr aus falschem Herzen gute Worte gegeben und angefangen, sich gar weitläufig zu entschuldigen und gesagt, daß alles, was hierin vorgegangen wäre, wider seinen Willen geschehen wäre. Nichts wäre ihm lieber gewesen, als daß er in seinem vorigen niedrigen Stand geblieben wäre, um ihr allezeit, wie es einem treuen Diener gebührt, aufwarten zu können. Weil aber die vornehmsten Herren, das Reich samt dem ganzen Volk, sie der beschwerlichen kaiserlichen Regierung gern entheben wollen, um sie in Ruhestand zu setzen, haben sie ihn mit den beschwerlichen Reichssorgen zu beladen beschlossen, wiewohl er sich gar unwürdig dazu erkennt. Endlich habe er, um großes Unglück und allerhand Ungelegenheiten zu verhüten, seinen Willen auch darein gegeben und die aufgetragene Hoheit annehmen müssen. Er hoffe auch nicht, daß sie darin ein eigenes Mißfallen haben werde oder ihm etwas von des Reiches Heimlichkeiten und den kaiserlichen Schätzen verbergen oder vorenthalten werde. Vorab weil er erbötig sei, ihr nicht das geringste Ungemach zufügen zu lassen, sondern vielmehr sich allezeit bei seiner ganzen Regierung gegen sie also zu verhalten, daß sie besondere Beliebung und Wohlgefallen tragen sollte.

Hierauf hat ihm die Kaiserin Irene mit gar beweglichen Worten geantwortet: »Lieber Nikephoros, nachdem der Höchste, der über alle menschlichen Königreiche Gewalt hat und sie gibt, wem er will, und nach seinem Wohlgefallen Könige ab- und Könige einsetzt, mich, seine unwürdige Dienerin, ohne irgendein Verdienst in diesen höchsten Ehrenstand gesetzt und bis allher gnädig darinnen erhalten hat, aber nunmehr wegen meiner vielfältigen Sünden und Missetaten das Reich samt aller Gewalt plötzlich von mir genommen, so muß ich deswegen doch allezeit seinen Namen loben. Als eine rechtschaffene Matrone muß ich mit dem geduldigen Hiob sagen: ,der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen, der Name des Herrn sei gepriesen.‘ Ob aber hingegen solche Hoheit

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_088.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)