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aber ist lustig und fröhlich gewesen, wie ein Kind, das nebbich von nichts weiß.

Aber wir alle, so viel unser in Hannover gewesen sind, wir haben geweint und gefleht und leider den heiligen Feiertag in eitel Kümmernis zugebracht. Nun, sie sind nach dem Dorf gegangen und sind auch wohl in ihrer Herberge in eines Bauern Haus angenommen worden, denn sie haben Geld bei sich gehabt. Denn so lange man das hat, macht es sich derselbe zunutzen. Der Bauer hat sie gefragt, es ist ja euer Feiertag, warum sie nicht bei Juden wären. Haben sie zur Antwort gegeben, daß schon so viel arme Leute in Hannover wären, also hat man verboten, sie einzulassen. Aber sie meinen doch, daß die Juden von Hannover ihnen über die Feiertage Essen herausschicken werden.

Nun sind wir zwar zusammen wieder ins Bethaus gegangen, aber man hatte schon zu Ende gebetet gehabt.

Damals ist in Hannover Reb Juda Berliner gewesen. Er ist noch ledig gewesen und hatte schon mit uns gehandelt gehabt. Auch ist noch einer dort gewesen, mit Namen Reb Michel. Das ist ein junger Mann aus Polen gewesen, der hat mit den Kindern gelernt. Danach hat er eine Frau von Hildesheim genommen und wohnt jetzt in Hildesheim in Ehren und Reichtum und ist Vorsteher in Hildesheim. Derselbige Reb Michel ist auch so ein halber Diener gewesen. Wie die Sitte in Deutschland ist, daß sie so junge Leute bei sich haben zum Lernen mit den Kindern.

Wie man nun aus der Synagoge gewesen ist, hat Reb Loeb uns rufen lassen zur Mahlzeit, denn wie schon erwähnt, hat er uns am Tage vor dem Feiertag eingeladen. Aber man kann sich wohl denken, wie uns zumute gewesen ist. Mein Mann – das Andenken des Gerechten zum Segen – hat gesagt, bevor wir was essen, muß ich meinem Kind und den anderen etwas zu essen bringen, denn es ist Feiertag. So sagen sie: »Ja natürlich, du hast wirklich recht. Wir wollen keiner etwas essen, bis die draußen etwas haben.« Denn es ist gar nah von Hannover gewesen, so wie Altona von Hamburg.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_083.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)