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Ob man auch in Hannover sowie in Hildesheim viel geforscht hat und man gemeint hat, eine Vergeltung zu bekommen, so ist doch nichts ausgerichtet worden, denn der Mörder – sein Name sei ausgelöscht – ist weggelaufen und seither nicht wieder gesehen worden. Gott räche sein Blut unter den anderen Heiligen und Frommen.

Also haben wir niemanden gehabt, den wir zu solchen Geschäften hätten brauchen können. Aber das hat nur kurze Zeit gedauert, dann ist der reiche Reb Juda Berliner hierher gekommen und Reb Jakob Oberkirchen(?). Der Reb Jakob ist ein Heiratsvermittler gewesen und hat für besagten Reb Juda um die Tochter von Pinchas Harburg geredet. Nun, solches ist aber von Gott – sein Name sei gelobt – nicht beschert gewesen. Von wem aus es abgegangen ist, weiß ich nicht.

Also ist dieser Reb Juda einige Zeit in meinem Hause Gast gewesen, denn er ist mit meinem Mann – das Andenken des Gerechten zum Segen – verschwägert gewesen. Der Reb Juda ist Großgeschwisterkind von meinem Schwager Reb Lipmann gewesen. Wie er nun einige Wochen bei uns gewesen ist, hat er uns in jeder Beziehung sehr gut gefallen. Er ist ein hübscher, gelehrter Mann gewesen, er wußte auch gut von Geschäften zu reden und ist auch gar klug gewesen. Also sagt mein Mann – das Andenken des Gerechten zum Segen – zu mir: »Glückelchen, was deucht dich, wenn wir den Jungen zu uns nehmen würden und ihn nach Danzig schicken? Ich seh ihn für einen klugen Jungen an.« So sag ich zu meinem Mann – das Andenken des Gerechten sei gesegnet: »Ich hab auch schon einigemal daran gedacht. Wir müssen doch wieder einen haben.« Also haben wir mit ihm geredet und er ist es bald zufrieden gewesen und keine acht Tage danach ist er nach Danzig gereist. Was er bei sich gehabt hat, war sein ganzes Vermögen gewesen, es hat bestanden in Bernstein für ungefähr zwanzig bis dreißig Reichstaler. Dasselbe hat er meinem Mann – das Andenken des Gerechten zum Segen – gelassen, er soll es ihm verkaufen oder verwahren.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_073.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)