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Nun, die Frau läßt sich trösten von dem alten Mann und sie dankt ihm freundlich und sagt, sie wollte ihm folgen. Der alte Mann ging seines Weges und sie sah ihn nicht mehr. Und sie ging in ihr Haus und macht ihrem Mann etwas Essen auf die Nacht. Sie tröstet ihren Mann, er sollte nicht ungeduldig werden und nur bei seinem Talmudlernen bleiben, sie wolle Tag und Nacht arbeiten, daß sie ihn und ihre Kinder ernährt. Da hub der fromme Mann erst recht an bitterlich zu weinen und sein frommes Weib mit ihm, daß es wohl Gott im Himmel mochte erbarmen. Aber die kluge, fromme Frau ermannte sich zuerst wieder und sprach: »Mein lieber Mann, das Schreien und Heulen wird uns und unseren Kindern kein Brot bringen. Ich will gehen und sehen, was Gott mir zu arbeiten bescheren wird, daß ich was verdiene und dich mit den Kindern ernähren kann.« So sagt der fromme Mann: »Nun geh hin, mein lieb Weib, Gott wird in unserer Hilfe sein.«

Also ist sie heimgegangen bei ihren Kindern zu schlafen. Am Morgen ist sie gar früh aufgestanden, dieweil ihre Kinder noch schliefen, und ging in die Stadt in die Häuser und bat, man soll ihr zu waschen geben. Und die Stadtleute erbarmten sich über sie und gaben ihr zu waschen und sie war nebbich eine Wäscherin.

Die Stadt war am Ufer des Meeres und sie ging alle Tage mit ihren zwei Kindern hinaus ans Meer. Sie wäscht dort und spreitet die Wäsche auf das Gras zum Trocknen.

Nun war es einmal, daß sie so wäscht, da fährt ein Schiff vorbei und der Schiffmann fährt auf sie zu zum Land. Er sah die Frau an und daß sie so hübsch war und er verwundert sich über die Schönheit. So spricht die Frau: »Mein Herr, was wundert ihr euch so sehr über mich?« Antwortet ihr der Schiffer: »Meine liebe Frau, ich erbarme mich sehr über euch. Sagt mir, was gibt man euch Lohn für ein Hemd zu waschen?« So sagt die Frau: »Herr, man gibt mir für ein Manneshemd zu waschen zwei Groschen, denn ich muß es sauber waschen.« So sagt der Schiffmann: »Meine liebe Frau, ich wollt euch gern vier Groschen geben,

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_038.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)