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Nun wieder zu meiner Großmutter Mate – sie ruhe in Frieden – zurück.

Nachdem sie die Tante Ulk, seligen Andenkens, verheiratet hatte, ist ihr nebbich nichts mehr übriggeblieben. Sie hat noch meine Mutter als Waise gehabt, die ist ein Mädchen von 11 Jahren gewesen, und hat sich mit ihr in das Haus ihrer Tochter Glück – sie ruhe in Frieden – begeben, die den Jakob Ree gehabt hat.

Nun, der Jakob Ree – er ruhe in Frieden – ist zwar kein sehr reicher Mann gewesen, aber doch ein ehrlicher Mann, der seinen Kindern vier- bis fünfhundert Reichsthaler nachgegeben hat. Er hat aber mit seinen Kindern lauter gute Heiraten gemacht und nur feine junge Leute zu Schwiegersöhnen genommen und sich nur mit guten Familien verschwägert.

Als nun meine Großmutter einige Zeit bei ihnen gewesen ist und auch verwaiste Enkel bei sich gehabt hat, sind solche vielleicht manchmal zu viel geworden oder es ist sonst was Widriges vorgefallen, wie es bei Eltern und Kindern zu sein pflegt. So ist sie nebbich dann mit ihrer Waise zur Tante Ulk gegangen und sie haben sich allein ernährt.

Und zwar hat meine Mutter – sie lebe – gar gut klöppeln können, Gold- und Silberspitzen. So hat Gott – er sei gelobt – ihr die Gnade angetan, daß Kaufleute nach Hamburg gekommen sind, die ihr Gold und Silber zum Klöppeln gegeben haben.

Jakob Ree – er ruhe in Frieden – hat das erstemal für sie gebürgt.

Darnach haben die Kaufleute gesehen, daß sie ehrlich Wort hält und den Kaufleuten das Ihrige zur rechten Zeit wieder liefert, und da haben sie ihr allein getraut. Meine Mutter hat auch mehrere Mädchen bei sich gehabt, die für sie geklöppelt haben, und meine Mutter ist ihre Lehrmeisterin gewesen, damit sie gelernt haben, daß sie sich und ihre Mütter endlich davon ernährt haben und sich hübsch und reinlich davon auch kleiden konnten.

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_031.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)