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Wie sie – sie ruhe in Frieden – gestorben ist, nach ihrem Tode hat mein Vater – sein Andenken sei gesegnet – meine Mutter zur Frau genommen. Sie ist nebbich eine verlassene Waise gewesen, und meine liebe fromme Mutter hat mir oft erzählt, wie sie nebbich in ihrem Waisenstand in Not gewesen mit ihrer guten Mutter, der frommen Mate – sie ruhe in Frieden. Die hab ich noch gekannt. Es ist keine frömmere und klügere Frau gewesen als sie.

Mein Elternvater – er ruhe in Frieden – hat geheißen Reb Nathan aus Ellrich. Er hat in Detmold gewohnt und ist ein sehr reicher, wackerer und vornehmer Mann gewesen.

Endlich ist er von dort vertrieben worden, so daß er mit Weib und Kindern von dort hinweg mußte, und hat sich nach Altona begeben. Zur selbigen Zeit haben keine zehn Familien dort gewohnt und haben erst angefangen, sich dort ansässig zu machen.

In derselbigen Zeit ist Altona eine Grafschaft gewesen, die dem Grafen Schaumburg zugehörig war.

Nathan Spanier – er ruhe in Frieden – ist der erste gewesen, der es erreicht hat, daß Juden in Altona gewohnt haben. Und zu derselbigen Zeit hat Altona und die ganze Grafschaft Pinneberg noch nicht zum Königreich Dänemark gehört, aber nachher ist derselbige Graf sonder Nachkommen gestorben, also ist es dem Königreiche Dänemark anheimgefallen. – So sind sie immer einzelweise dorthin gezogen.

Der Nathan Spanier hat seinen Schwiegersohn Reb Loeb auch nach Altona gesetzt. Der Reb Loeb ist ein Hildesheimer gewesen; er ist zwar kein reicher Mann gewesen, aber doch ein ehrlicher Mann, der seine Kinder ehrlich verheiratet hat, wie es in jener Zeit ist in Ordnung gewesen. Seine Frau Esther – sie ruhe in Frieden – ist eine gar wackere, fromme, ehrliche Frau gewesen. Sie hat sich gar wohl auf den Handel verstanden und hat in Wirklichkeit das ganze Haus ernährt. Allemal ist sie auf die Messe zum Kieler Umschlag gereist mit Waren. Zwar hat sie nicht viel Waren mitgenommen, denn die Leute haben sich damals

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Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_027.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)