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schwer gefallen. Wenn wir, Gott bewahre, in der Welt nichts anderes hätten als dieses Exempel, wäre es genug, wie wir sollen Gott in Liebe dienen und nichts Weltliches und Vergängliches achten, denn der große Gott hat alles gegeben und wenn es ihm beliebt, mag er es wieder nehmen: Wir können gegen seine Taten nicht reden.

Vielen Bösen geht es im Diesseits wohl; desgleichen geht es auch vielen Frommen wohl und umgekehrt geht es auch vielen Frommen im Diesseits übel und vielen Bösen auch; demnach nichts besseres, meine lieben Kinder: dient Gott mit all eurem Herzen, ohne alle Falschheit und Heuchelei, ohne euch vor den Menschen zu verstellen und ohne daß es – Gott bewahre – anders in eurem Herzen wäre. Euer Gebet sollt ihr in Andacht und Ehrfurcht und Gottesfurcht tun und nicht in der Zeit des Betens stehen und anderen Geschichten erzählen. Ich halte solches für eine Hauptsünde, die man an dem großen Erschaffer tut, so man mitten im besten Gebet mit einem Menschen redet ganz anderes Geschwätz. Soll denn Gott – gelobt sei er – so lange auf ihn warten, bis er mit jenem fertig ist? Nun, davon haben unsere Weisen genug geschrieben, wie schon gesagt. Darüber könnt ihr dort nachlesen und dann hübsch ein Stück Thora lernen, so gut einer kann und weiß. Und dann auch fleißig bedacht sein, daß man sein Weib und seine Kinder ehrlich ernährt, welches auch ein sehr wohlgefälliges Werk ist. Besonders soll man seinen Handel und Wandel ehrlich treiben, mit Juden und mit Nichtjuden, damit, Gott behüte, keine Entweihung des heiligen Namens geschieht.

Hat man Geld oder Ware von anderen Leuten in Händen, muß man mehr Sorge dafür haben, als für das seinige selbst, damit man, Gott bewahre, keinem ein Unrecht tut. Denn dieses ist die erste Frage im Jenseits, die man gefragt wird, ob man den Handel ehrlich getrieben hat und ob man sich im Diesseits bemüht hat und nicht, Gott bewahre, mit Raub und Diebstahl viel Geld gesammelt und davon seinen Kindern große Mitgift und nach seinem Tod große Erbschaft gegeben hat.

Empfohlene Zitierweise:
Glikl bas Judah Leib: Die Memoiren der Glückel von Hameln. Wien, 1910, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Glueckel_016.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)