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Walther Kabel: Gimpelfang in Afrika. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 9, S. 217–219

standrechtlich erschossen. Zu dieser Hinrichtung könne er dem hochgeborenen Effendi einen Zuschauerplatz an dem Fenster eines den Kasernenhof von einer Seite begrenzenden Gebäudes besorgen. Darings bezahlte als echter Engländer für dieses nervenerregende Schauspiel ein sehr reichliches Bakschisch, hatte dafür aber auch die Genugtuung, die einzelnen Phasen der Erschießung der beiden Übeltäter in mehreren Momentaufnahmen mit seinem Kodak festhalten zu können, wobei ihn nur störte, daß so und so viele andere Fremde die übrigen Fenster des Gebäudes besetzt hielten und daher dieselben hochaktuellen Photographien wie er zu „knipsen“ vermochten.

Darings beschreibt dann genau, wie die Delinquenten inmitten eines Trupps in sehr schmutzige Uniformen gehüllter Soldaten aus den Kasernen heraustraten und ihnen von einem nach der geringeren Zerlumptheit seines Äußeren offenbar höheren Militär der Inhalt eines großen Papieres mit einem mächtigen Siegel daran vorgelesen und darauf das Urteil an beiden Räubern, die vor einer frisch aufgeworfenen Grube mit verbundenen Augen knieten, zugleich vollstreckt wurde. Nach der Salve seien sie rücklings in die Grube hinabgestürzt. Dort hätten die Soldaten sie auch vorläufig liegen lassen.

Darings fährt nun folgendermaßen fort: „Wer beschreibt mein Erstaunen, als ich nach drei Monaten bei der Rückkehr von der Küste wieder Miknasa passierte und derselbe Fremdenführer, der mich schon einmal zu der Hinrichtung eingeladen hatte, mich vor der Karawanserai anspricht und mir fast genau mit denselben Worten geheimnisvoll zuraunt, was er mir schon vor einem Vierteljahr zugeraunt hatte. Da ging mir mit einem Male ein Licht auf. Ich schwieg aber klugerweise, zahlte dem frechen Spitzbuben abermals ein sehr anständiges Bakschisch, beobachtete aber jetzt die Hinrichtung der beiden Räuber – das Programm war in allen Punkten genau dasselbe geblieben – mit ganz anderen, sehr kritischen Augen. Und da merkte ich, weil meine Nerven jetzt vollkommen ruhig waren, natürlich sofort, daß es sich hier um nichts anderes als ein fraglos recht häufig wiederholtes Schaustückchen handelte, in dem jede einzelne Person ihre Rolle bereits mit einer gewissen

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Walther Kabel: Gimpelfang in Afrika. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 9, S. 217–219. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Gimpelfang_in_Afrika.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)