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einzigen ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht. An den dem Tagesstreit entrückten besten Leistungen früherer Zeiten oder auch ferner Völker kann man dem Kunstgewerbetreibenden wie auch dem kaufkräftigen Publikum, dessen Erziehung zur ästhetischen Kultur inzwischen als mindestens ebenso wichtige Aufgabe unserer Museen erkannt worden ist, am sichersten guten Geschmack und wünschenswerte Kenntnisse in der formalen Ästhetik beibringen. Aber auch das beste Moderne wird man in den Sammlungen oder, wenn es noch nicht die Bürgschaft für eine dauernde Bedeutung in sich trägt, wenigstens in Ausstellungen vorzuführen nicht müde werden dürfen, um es immer weiteren Kreisen zum Bewußtsein zu bringen, daß es im Kunstgewerbe nicht auf dies oder jenes Motiv, etwa gar nur aus früheren Zeiten ankommt, sondern auf die durch ein feines künstlerisches Empfinden geleitete, dem Gebrauchszwecke entsprechende, richtige Materialverarbeitung. –

Die gewöhnliche ästhetische Unterweisung gehört allerdings zunächst in die diesbezüglichen Schulanstalten und Lehrwerkstätten. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, daß nur ein Bruchteil der kunstgewerblichen Praxis sie ganz absolviert und tatsächlich dort alle erhofften Belehrungen empfangen hat. Selbst für die Besten ist aber eine richtige Weiterbildung nicht gleichgültig. Für das große Publikum bilden nun gar die guten Museen fast die einzige Quelle der Geschmacksbildung; durch die häufige Betrachtung der besten Leistungen alter und neuer Zeit soll

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Gustav Edmund Pazaurek: Geschmacksverirrungen im Kunstgewerbe. Stuttgart 1919, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschmacksverirrungen_06.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)