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für jetzt die blutigen Kämpfe. – Obwohl es zwar erst den Anschein hatte, als ob bei dem damaligen Stande der Armeen unsere Gegend während des Waffenstillstandes von militairischer Einquartierung befreit bleiben werde, so rückte doch schon am 13. Juni das polnische Armeecorps, aus sechzehntausend Mann – meist Reiterei – bestehend, unter Fürst Poniatowsky, in hiesige Gegend. In Berthelsdorf bekam ein Uhlanenregiment mit sechshundertfünfzig Pferden sein Cantonnirungsquartier angewiesen. Schwer lastete die starke Einquartierung, da vorher schon drückender Mangel an Fourage herrschte. Später kamen, da ein Bauer gegen dreißig Mann Einquartierung hatte und die Pferde mitunter in der Hausflur untergebracht werden mußten, einzelne Schwadronen nach Strawalde und Kottmarsdorf. Am 22. Juli wurde der Generalstab von Großhennersdorf nach Berthelsdorf verlegt, wo der Fürst Sulkowsky nebst seiner Gemahlin die Wohnung im hiesigen Brüdersocietätshause bekam. Bei dem gänzlichen Mangel aller Vorräthe mußte die Herrschaft Vorschüsse an Hafer und dergl. machen. Nach neunwöchentlichem Aufenthalte, nachdem Fürst Poniatowsky noch am 3. August über polnische Kürassiere auf der großen Wiese bei der Ziegelscheune eine Revue abgehalten hatte, verließen die Polen am 15. August unsern Ort. Der Krieg sollte auf’s Neue beginnen. Das Victorsche und polnische Armeecorps rückten in Böhmen ein. Napoleon selbst befand sich am 19. in Zittau. Es schien in unserer Gegend zu blutigen Kämpfen kommen zu wollen.

Am 19. August bivouaquirten sechshundert Mann holländische und bergische Gardelanzenreiter zwischen Herrnhut und Oberberthelsdorf; am 20. an derselben Stelle fünfhundertsiebzig Franzosen mit vierhundert Bagagewagen; Berthelsdorf mußte Brot und Fourage liefern. Ein Theil dieser Trainknechte blieb mit den Wagen vom 21. bis 24. August hier; über ihr Betragen wurden viele Klagen laut. Am 3. September lagerten sich dreitausendzweihundert Mann Kosaken und russische Dragoner unter dem General Joseffowitsch zu beiden Seiten der nach Herrnhut führenden Allee und am Hutberge; im Oberdorfe wurde zum Theil geplündert. Am 4. September brachen diese Truppen auf, aber sie wurden durch eine fast doppelt so starke Anzahl russischer Infanterie und Cavallerie ersetzt, welche dasselbe Lager bezogen;

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Gottlieb Korschelt: Geschichte von Berthelsdorf. Selbstverlag des Verfassers, Berthelsdorf bei Herrnhut 1852, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_von_Berthelsdorf.pdf/116&oldid=- (Version vom 1.8.2018)