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nicht bekannt gewordene Tatsachen anführen. Was nach der Entdeckung des Ordens i. J. 1787 unter dem Titel ,Originalschriften' auf höchsten Befehl Sr. Churfürstl. Durchlaucht gedruckt wurde, war nur der kleinste und unbedeutendste Teil dessen, was man in den Ordensarchiven gefunden hatte. Die wichtigsten Papiere, und besonders der aufschlussreiche Briefwechsel, wodurch Männer höheren Ranges, hauptsächlich aus fremden Staaten, in Gefahr oder Verlegenheit gestürzt werden konnten, wurden sogleich in dem Hause des Kanzlers, Freiherrn v. Kreitmayer, durch den Hauskaplan desselben: Culva, abgesondert und unmittelbar in die Hände des Churfürsten niedergelegt. Daher kam es, dass viele thätige Mitglieder des Ordens in andern Ländern noch lange, und selbst bis in die neuesten Zeiten, fortwirken konnten, und dass, besonders im nördlichen Deutschland, Fürsten und Staatsmänner, die in den Originalschriften das ganze Gewebe aufgedeckt glaubten, den Orden nach Geist und Ausdehnung für weit weniger wichtig hielten, als er es in der That war. Die Folge ist jetzt noch sehr sichtbar.

»Indessen glaubten S. Durchlaucht der Churfürst den Orden wenigstens in Baiern ganz zernichtet zu haben. Dieser Wahn dauerte bis zum Jahre 1795, wo zufälligerweise durch das Zollamt in Dekendorf ein neues Archiv des Ordens und die ununterbrochene Existenz desselben entdeckt ward. Jetzt ernannte der Churfürst in tiefster Stille eine Commission, um alle Briefe, die an gewisse Personen einlaufen oder von denselben verschickt werden würden, zu eröffnen und den Inhalt zu protokolliren. Diese Commission, die immer in der persönlichen Gegenwart des Churfürsten zusammentrat, bestand aus dem geistlichen Rat v. Rittershausen, dem Schuldirektor Culva, dem Kammerdiener Tusch und dem Postsecretär Baader. In kurzer Zeit lag eine Menge aktenmässiger Beweise aufgehäuft: dass die Mitglieder des Ordens im engen Zusammenhange stehen, neue Brüder aufnehmen, in den meisten Dikasterien die Majorität besitzen, die National-Erziehung leiten, durch ihren Einfluss auf die General-Vikariate Passau, Regensburg, Salzburg und Freysingen die einträglicheren Pfarrstellen mit Affiliirten besetzen und dass gerade solche Männer, die nicht bloss das Vertrauen, sondern selbst die Liebe des Churfürsten sich zu verschaffen gewusst hatten, an der Spitze seyen! Diese Chefs waren a) Sir Benjamin Thompson, Reichsgraf v. Rumford,

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 431. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_431.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)