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seinen Richtern imponieren und zugleich einen Beweis liefern, wie es schon früher vorgekommen, dass er zum Mitglied einer geheimen Verbindung gestempelt worden, ohne es in der Tat zu sein, und um an der Hand dieses Beispiels die Unhaltbarkeit der jetzt in Rom wegen des nämlichen Umstandes gegen ihn erhobenen Anklage zu beleuchten. Er will seine Richter glauben machen, sein Ruf als Wundermann habe ihm wider sein Wissen und Willen die Ehre eines Illuminuten-Grossmeisters eingebracht, wobei er die unbeschreibliche Dummheit begeht, einbilden zu wollen, ein so staatsgefährlicher Orden hätte ihn, ohne ihn vorher zu prüfen, in seine tiefsten Geheimnisse eingeweiht! Für den Kundigen bedarf es jedenfalls nicht der besonderen Bemerkung, dass die Illuminaten mit diesem fabelhaften Bunde nicht das Mindeste zu schaffen gehabt haben. Übrigens lässt auch Pater Marcell seinen Zweifel an der Wahrheit dieser Erzählung hindurchschimmern, indem er bemerkt, dem Untersuchungsrichter sei es nicht möglich gewesen, über diese Angaben Nachforschungen anzustellen. Wenn wir trotz der Ungeheuerlichkeit jenes Märchens davon Notiz genommen, so verfolgten wir abermals den Zweck, damit die Lügenhaftigkeit unseres Helden noch weiter zu charakterisieren. Das vorstehende Beispiel dafür gehört eben zu den bemerkenswertesten.« — —

Soweit Sierke.

Die Wahrheitsliebe fordert einzugestehen, dass trotz der allerdings horrenden Lügenhaftigkeit des sogenannten Grafen Cagliostro dennoch ein, wenn auch nur kleines Körnchen Wahrheit an der Sache ist. — Nicht weit von Frankfurt a. M. liegt der Ort Gross-Karben mit dem Schlosse gleichen Namens, Majorat der Freiherrn v. Leonhardi. Im Parke des Schlosses befindet sich noch heute ein Gartentempel mit einem Steintisch und sagt die Überlieferung, dass hier Cagliostro seiner Zeit von Obern des Illuminatenordens empfangen worden sei. Dokumente, die diese mündliche Überlieferung bestätigen, existieren nicht. Wie ist demnach diese Angelegenheit zu erklären?

Im Jahre 1780 lebte auf dem Schlosse Freiherr Peter v. Leonhardi, der als hervorragender Freimaurer bekannt ist und unter dem Namen Anarcharsis auch dem Illuminatenorden angehörte. Der Freiherr interessierte sich ungemein für alle geheimen Wissenschaften, trieb Alchemie und war mit allen Wundermännern bekannt. Zum Beispiel befindet sich im Schlosse noch ein Stück Gold, das er mit dem Gaukler Schrepfer in einer

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 423. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_423.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)