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Acht Tage darauf bekam das Regiment die Weisung, dass ich einstweilen ab officio suspendirt und nach München zu dem Hrn. Geheimen Rat Hausler zitirt seie, um dort denen mir vorzulegenden Fragen Bescheid zu geben. Ich hielt eben Kriegsgericht, als man mir den erhaltenen Befel insgeheim eröffnete. — Wars Vorbereitung oder meine angewönte Gleichmütigkeit, diese Nachricht brachte mich gar nicht aus der Fassung und ich bin mit meiner damaligen Stimmung recht sehr zufrieden: ich machte diesen Befel gleich den Offiziers, die mit mir im Kriegsgerichte sassen, kund, und fuhr in meinen Proposizionen fort. — Das Schwerste stand mir noch bevor, nämlich meine Aeltern davon zu benachrichtigen. Nach geendigtem Kriegsgerichte ging ich zu ihnen, und eröfnete endlich nach vielen Wendungen und mit möglichster Schonung ihnen diese meine Suspension und Zitazion. — — O Freund: da hatte ich mer als jemals meine Philosophie nötig, um nicht aus der Fassung zu kommen! Werfen wir den Schleier über diese grausame Szene, sonst bricht mir mein Herz und ich werde zur Memme. — Von dort ritt ich auf die Parade. Wer von einer erhaltenen Ordre sich etwas zu sagen nicht getraute, war der Oberst Lieutenant (der Oberst war schon auf Urlaub). Ich sahe, dass ich die ersten Avancen machen müsste, und fragte ihn also nach einer Weile, ob er in Betref meiner keine Ordre erhalten hätte? — Froh (wenigstens so schien es mir) aus dieser Verlegenheit gezogen zu werden, bejahete er meine Frage, und behändigte mir die Ordre. Ich meldete mich also gleich meiner Abreise wegen, und nachdem ich bei den Korps Offiziers, welche mich liebten, mich beurlaubt hatte, ging ich zu Hause, nahm einen traurigen Abschied von meinen Aeltern, machte mich reisefertig, und auf den Weg hierher.

Den Tag nach meiner Ankunft meldete ich mich bei allen meinen Chefs, und dann bei Herrn Geheimrat Hausler, der mich um 10 Uhr zum Verhör bestelte. In 2 Tagen sass ich 15 Stunden im Verhör. Nie hab ich senlicher gewünscht, zeichnen zu können, als während demselben. An meinem Examinator hatte ich den leibhaftigen Doktor Stauzius vor mir; ein dikker, runder Kerl, von Kopf bis zu Füssen schwarz gekleidet, der in einem weiten Lehnstul sass; wenn ich manchmal zu lang diktirte, schlief mein Examinator darunter sanft ein. Der geschäftigste dabei war derjenige, der das Protokol fürte; ein naseweiser, schalkhafter Bube, der immer meinen Stauzius mit

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_309.jpg&oldid=- (Version vom 9.8.2018)