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und garantirte Mitglieder. Man macht ihn nur mit jenen wenigen bekannt, die er ohnehin als rechtschaffene Leute hochschätzt und liebet, und welche ein Ascendant über ihn haben. Alle übrigen müssen das strengste Incognito gegen ihn beobachten: so, dass er niemals wissen kann, ob Personen die er sonst kennet, oder mit denen er umgehet, seine Mitglieder sind oder nicht. Er befindet sich in der Lage eines gemeinen Soldaten, welcher nur vier Unteroffiziers und zehn bis zwanzig Kameraden kennen würde, ihm aber das übrige Regiment besonders die Stabsoffiziere, und der Kriegsrath gänzlich unbekannt wären, und der doch unter der Kriegs-Disciplin, und strengsten Subordination stünde, ohne zu wissen, was er wäre, was er werden wollte, wenn er diente und wozu man ihn endlich brauchen würde. Auf diese Art, bekömmt mancher Minerval oder Mauerer sein ganzes Leben hindurch keine Gelegenheit, die Hälfte seiner Ordensbrüder kennen zu lernen. Er muss sich immer mit literarischen Arbeiten, mit Spionerey und scheinbarer Leitung der Tyranen, mit unschuldigen für ihn ganz räthselhaften Zeremonien beschäftigen.

Ist er hinlänglich gefesselt, geprüft, und vorbereitet, so wird er in die Illumination befördert. Hier lernt er das eigentliche System des Ordens etwas mehr kennen. Doch geschieht dieses wieder sehr langsam und mit möglichster Behutsamkeit. Hier lernt es mehrere Mitglieder und Unterobere kennen, doch sind die erlauchten Obern immer für ihn unsichtbar. —

Zu dieser Beförderung muss er, nach ihrer Sprache zu reden die Religions-Vorurtheile abgelegt haben, oder ihnen dieselben abgelegt haben scheinen, denn kein Religionär (es ist ihr Ausdruck) wird in die höhern Grade aufgenommen.

Die erlauchten Obern sind es, die durch alle Grade den Ton angeben. Ihre Befehle, ihre Maximen, ihre Meinungen, und ihre Lehren machen überall die Seele, die Vorschrift, den Geist, und alle Triebfeder dieses Institutes aus. Die Obern oder Unterobern sind entweder künstliche Betrüger und schwarz systemathische Bösewichter; oder sie sind von andern beseelte oft sehr gut meinende Enthusiasten und schändlich betrogene Schwärmer.

Beweise hievon sind folgende Kernsprüche und Grundsätze die sie zwar bloss mündlich (das versteht sich) ihren Untergebenen unaufhörlich einprägen.

Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_294.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)