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die Glieder jeder Gesellschaft aneinander zu schliessen. Dieses Interesse mag nun in Realitäten oder eingebildeten Chymären bestehen, seine Wirkungen machen doch immer die Bände der Gesellschaft aus. Der vorgesteckte Zweck setzt gewisse Mittel voraus, welche zum Zwecke führen, die mir gnädigst gemachte Frage reduciret sich also auf die folgende:

Ist die geheime Gesellschaft der Illuminaten thätig und vertragen sich Zweck und Mittel derselben mit den Pflichten gegen den Staat und die Religion?

Von der Thätigkeit dieser Gesellschaft welche bei den Oberen und Unterobern bis zur Schwärmerei geht, war ich einige Jahre hindurch ein Augenzeuge, und Bayern hat leider! nur allzu sichtbare Beweise davon. Folgende Bemerkungen über die inneren Einrichtungen dieses Institutes über die Wahl und die Behandlung der Mitglieder, über das listige Betragen und schändlichen Grundsätze der Oberen endlich über einige Absichten dieser Gesellschaft werden es entscheiden, ob der Zweck und die Mittel derselben, sich mit den Pflichten des Menschen, des Bürgers und des Christen vereinbaren lassen.

Die Freymauerei ist bloss die Hülle und der Deckmantel der Gesellschaft der Illuminaten. — Sie wird von dieser dirigirt, getäuscht und missbraucht.

Der Grad der Minervalen ist in der Illumination der unterste, folglich der unschuldigste. Er hat den Schein einer gelehrten Gesellschaft, ist aber in der That eine Vorbereitungsschule für die Illumination. Tauget der Minerval hiezu nicht, so wird er bloss in die Loge oder Freymauerei, worin er keine Aufschlüsse bekommt, befördert. Alle Illuminaten sind zugleich Freymauerer; nicht aber alle Freymauerer sind Illuminaten. Deswegen sagen sie: multi vocati et panei electi!

Sie nehmen junge hoffnungsvolle Männer, lenksame, gutherzige, wissbegierige, fähige Köpfe, auch ansehnliche, reiche, verschlagene Leute auf. Staatsbeamte und Geistliche sind ihnen willkommen, wie auch Mediziner, Professoren, Archivare, Sekretaire, Bibliothekäre, Hofmeister, Postoffiziers, Wirthe, Apotheker pp.

In der Bildung, Lenkung und Behandlung des Novizen und Minervalen brauchen sie zu Anfangs sehr gelinde, einnehmende, verführerische Mittel, z. B. die Larve der Tugend, der Menschenliebe, der Freundschaft; Versprechungen grosser moralischer und physischer Vortheile. Die geben sich in ihrer

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_292.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)