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die ich noch gehört habe, brechen den Stab über ihn und wollen ihn ohne Gnade bürgerlich vernichtet haben. Aber der Orden bleibe ehrwürdig, auch nachdem Weishaupt ein schlechter Kerl sei. Es lässt sich vielerlei darüber sagen und ich muss gestehen, dass mir die moralischen Declamationen dieser Herren etwas verdächtig sind. Ein Kind abtreiben, ist unstreitig eine lasterhafte That — für jeden. Aber eins machen, ist für einen Chef de parti unverzeihlicher. Was sie mir von der Abscheulichkeit des Kindermords und von der empörenden Rücksicht: dass ein Vater dieses thue, sagen ist falsch und schief. Dieser Fall ist kein Kindermord. Es wäre schlimm, wenn man keine triftigeren Ursachen hätte, eine solche That zu verabscheuen, als jene schielenden Raisonnements. Ich habe nur einen Massstab für Moralität, und ich glaube, den strengsten: Ist die That, die ich begehe, von guten oder schlimmen Folgen für die Welt, — wenn sie allgemein ist?« —


In Regensburg war Weishaupt durchaus nicht seiner Freiheit sicher, wie bereits erwähnt und bewiesen wurde, ja die Unsicherheit nahm zu, je mehr sich die Verfolgungen in München zuspitzten. Es ist natürlich, dass diesem Zustande ein Ende zu machen, W.'s innigster Wunsch war. Dazu kam noch, dass seine letzte von fünf Mädchen aus erster Ehe ihm allein noch gebliebene Tochter mit 14 Jahren in Regensburg starb, deren Verlust er schmerzlichst empfand. Weishaupt überwand seine früher gegen Wien ausgesprochene Abneigung und reiste im August 1786 nach dort, in der Hoffnung, daselbst eine Anstellung zu erhalten.

In der Bayreuther Zeitung vom 26. August 1786 findet sich folgende diesbezügliche Notiz:

Wien, den 16. August 1786.

Der berühmte Bayrische Professor Weishaupt, welcher aus bekannten Ursachen sein Vaterland verlassen hat, ist hier angekommen, und wird ihm mit vieler Hochachtung begegnet. Man weiss zwar den eigentlichen Endzweck seines Hierseins noch nicht, doch ist zu vermuthen, dass man diesen geschickten canonischen Rechtslehrer hier behalten werde. —


Letzteres geschah jedoch nicht und Weishaupt kehrte glücklich nach Regensburg zurück. Er benutzte seine Zeit, um die immer stärker werdende Flut der Verdächtigungen und

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_228.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)