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wisse, und ich selbst habe sie gebraucht? — Ich habe beschworen, dass ich niemand von meiner Bekanntschaft wisse, der sie angerathen und gebraucht habe. — Alles dies schwöre ich noch zur Stunde. Ich wusste nicht, dass Ajax oder Cato solche Recepte besitzen; ich würde mich ausserdem vielleicht in meiner äussersten Verlegenheit an sie gewandt haben. Ich weiss keinen Menschen, der diese Recepte angerathen oder gebraucht hätte. Euriphon hat nicht nur allein nicht mitgewürkt, sondern die Unmöglichkeit ohne Todesgefahr dringend vorgestellt; auf sein Zureden sind alle weiteren Versuche unterblieben, und ich muss noch hinzusetzen, dass meine eigenen, von mir ausgedachten Mittel, Aderlass, Bad, und Bewegung, mehr zur Stärkung als Abtreibung des Kindes beygetragen haben, wie noch zur Stunde die Gesundheit der Mutter und des Kindes augenscheinlich beweisen. Marius, an welchen der Brief gerichtet war, hat abgerathen, und Celsus hat niemahlen etwas davon erfahren. Was er vor 3 Jahren sagte, war blosser Scherz, indem er mich wegen meiner Schwägerin raillirte. Diesen Scherz nahm ich nach 3 Jahren, wo ich dessen leider benöthigt war, für baare Münze auf, weil ich in meiner Verlegenheit nach jedem Schilf gegriffen, um den üblen Folgen vorzubeugen, die ich vorhersah. All dieses beschwöre ich noch: Gott wird es wissen, wenn es Menschen nicht wissen wollen.« — —


Um was es sich handelte, geht klar aus Weishaupts Erklärungen hervor. Er hatte in dem Briefe an Marius seine Verzweiflung über den Zustand seiner Schwägerin ausgesprochen und gesagt, dass zur Beseitigung desselben Euriphon, das ist der Arzt Dr. Kanzler, zu timide sei. Letzterem brachte diese Bemerkung später ein strenges Verhör ein, jedoch keinerlei Beweis einer Schuld. Im Grunde genommen durfte dem Weishaupt auch gar kein tieferer Vorwurf gemacht werden, denn der Papst gab den 29. Nov. 1783 den erbetenen Dispens[1] zur Heirat, die denn auch alsbald erfolgte. Seine Feinde kümmerte das jedoch wenig.

Eine aus jener Zeit stammende Handschrift, die leider nicht im Ordensbesitz, von der jedoch der Verfasser dieses Buches Abschrift nahm, sagt:

  1. Der Originaldispens liegt in München im Kgl. Geheimen Staats-Archiv.
Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_221.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)