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»Auf das gefällige Schreiben vom 6. d. Mts. erwidern wir Ihnen ergebenst, dass in dem hier aufbewahrten Briefwechsel der Herzogin Maria Anna von Bayern mit König Friedrich dem Grossen von Preussen de 1762—85 zwar vielfach das Bayerische Austauschprojekt erörtert wird, dass aber in diesen Briefen des Illuminatenordens und seiner angeblichen Stellungnahme zu dem gedachten Projekte mit keinem Worte Erwähnung geschieht!«


Sollte also wirklich jener Brief Herzbergs existieren, entgegen allem Gebrauch derselbe eine Abschrift dem Archive nicht übermittelt haben, sodass jetzt keine Möglichkeit vorhanden wäre, festzustellen, ob die Absendung des fraglichen Briefes je stattgefunden habe oder nicht, so müsste doch bejahenden Falles die Wirkung desselben in der direkten Korrespondenz sich widerspiegeln. Es ist das nicht der Fall, nicht mit einem Worte wird der Illuminatenorden erwähnt.

Vergeblich sucht man auch nach einer Spur jenes ominösen Briefes in der Korrespondenz des Freiherrn von Schwarzenau mit der Herzogin Maria Anna, die durch Dr. Heinrich Meissner bekannt geworden ist. Derselbe hatte im Nachlass des Reichstagsgesandten Freiherrn von Schwarzenau, welcher im Gräflich Schwarzenauischen Familienarchiv in Grossdammer Prov. Posen seiner Zeit bewahrt wurde, eine Sammlung von Briefen der Herzogin Maria Anna aufgefunden, welche gerade die Periode des Austausch-Projektes umfassen. Diese Briefe sind veröffentlicht in der Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens des Gymnasiums zu Jauer am 9. und 10. Oktober 1890, herausgegeben von Dr. K. Volkmann, Jauer 1890, Verlag von R. Guerckes Buchhandlung. Aus diesen Briefen geht hervor, dass die Herzogin bereits während des ganzen bayerischen Erbfolgekrieges mit Friedrich dem Grossen Briefe wechselte und ihn genau über alle Ereignisse am Münchener Hofe unterrichtete. Mit dem Freiherrn von Schwarzenau korrespondiert sie ganz besonders seit 1782. Wenn man nun diese Briefe ebenfalls noch so genau durchsieht, man findet keine Spur einer Hindeutung auf den Illuminatenorden. Es ist aber doch ebenfalls ganz ausgeschlossen, dass die Herzogin gegen Schwarzenau nicht wenigstens eine Bemerkung hätte fallen lassen, falls Friedrich der Grosse wirklich, wie behauptet wird, durch Herzberg sie hätte aufmerksam machen lassen, um so mehr da sie später, nachdem die Verfolgung ausgebrochen war, tatsächlich glaubte,

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Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_169.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)