Seite:Geschichte des Illuminaten-Ordens (Engel) 077.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

unlauterer Absichten herhalten, im Zusammenhange erscheint er mehr als recht unglücklicher Ausdruck, der vielleicht im Jahre 1778 durchaus nicht diese Bedeutung hatte wie jetzt.

Weishaupt will Menschenkenntnis verbreiten, dazu bedarf es des Beobachtungsgeistes. Beobachten soll einer den andern um ein klares Auge für Vorzüge und Fehler des Nebenmenschen zu erhalten, an solcher Beobachtung wird sicher Niemand etwas finden, sie sogar für den Zweck der Erwerbung von Menschenkenntnis für unerlässlich halten. Setzt man nun den unglücklichen Ausdruck Spion für Beobachter, so kann sich beides decken, ohne jede nachweisbare schlechte Absicht. Als Weishaupt diese Worte schrieb, zählte der Orden mit ihm genau 9 Mitglieder (s. S. 74 Brief vom 25 Febr. 1778), ein klares Programm konnte also Weishaupt noch gar nicht besitzen, denn dieses war entschieden von der Werbung und Entwickelung neuer Mitglieder abhängig.

Auf jenen Ausdruck demnach einen besonderen Wert zu legen, ist mindestens verfrüht und ungerecht.

Der Hinweis, dass er Berichte verlangt, die die Beichte bei den Jesuiten ersetzen sollen, ist ebenfalls als bedenklich erachtet worden.

Aber auch das klingt mehr wie ein unglücklicher Ausdruck, als wie eine bestehende hinterlistige Absicht, was auch die späteren monatlichen Berichte, quibus licet benannt, auf die noch zurückzukommen ist, beweisen.

Der Hinweis, dass Zwackh noch eine eigene Moral, Erziehung, Statistik und Religion entstehen sehen würde, dürfte am allerbedenklichsten erscheinen. Um ihn zu beleuchten, müssen wir jedoch uns mit dem damaligen Schicksal des Landes und der Universität bekannt machen.

Am 30. Dec. 1777 starb Kurfürst Max Joseph III., einer der edelsten Fürsten Bayerns, der namentlich eine väterliche Sorge für das Schulwesen und den öffentlichen Unterricht bekundet hatte. Karl Theodor bestieg den Thron und sofort nach seinem Regierungsantritt berichtet die Geschichte von unerfreulichen Ereignissen.

Kurfürst Karl Theodor hatte keine besondere Vorliebe für sein Land und bewies das dadurch auf das deutlichste, dass er am 3. Jan. 1778, drei Tage nach seinem Regierungsantritt den grössten Teil von Altbayern an Osterreich abtrat. Österreich besetzte durch seine Truppen den abgetretenen Teil

Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_077.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)