Seite:Geschichte des Illuminaten-Ordens (Engel) 061.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

bei Hofe in der Erwartung, dass ich schon abgereist wäre, in der Absicht angebracht hatten um mich von einem, ihrem Systeme so wesentlichen Lehrstuhl zu entfernen. Zum Glück war ich noch anwesend und vernichtete durch meine Gegenwart und mündliche Rechtfertigung die ganze Kabale. Von dieser Zeit an, wurden die Jesuiten mir und ich ihnen auf das äusserste gehässig. Ich war 13 ganze Jahre hindurch ihren Intriguen und Verleumdungen unaufhörlich ausgesetzt. Meine Leser können sich, aus dieser angeführten Thatsache vorstellen, dass ich einen Rückanhalt und Unterstützung nothwendig hatte, dass ich diese natürlicher Weise, in einer so ausgebreiteten, und nach meinen Begriffen so eng verbundenen Gesellschaft zu finden hoffte; dass mir folglich durch diese Erwartung, geheime Verbindungen, als der Zufluchtsort, der gedrückten Unschuld, in einem sehr anziehenden Lichte erscheinen müssten. Dies ist noch nicht genug.

Im Jahre 1775 ging in meinem Geiste, und in meiner ganzen Denkungsart eine sehr wichtige Veränderung vor. Ich hatte vorher der speculativen Philosophie mit Leib und Seele angehangen, und mich in metaphysischen Betrachtungen und Grübeleien so sehr verloren, dass ich mich beinahe ausschliessender Weise, mit der Metaphysik beschäftigt hatte. Zu meinem grossen Glück, ward ich, um diese Zeit, wieder meinen Willen, aus diesem Taumel gerissen, und aus der übersinnlichen Welt, wieder auf die Erde unter Menschen versetzt, deren nähere Kenntnis, durch meine neu erhaltene Stelle, mir zur Pflicht und Nothwendigkeit gemacht wurde. Ich erhielt den Auftrag, nebst den Vorlesungen über das Kirchenrecht, über das so beliebte Federische Lehrbuch der praktischen Philosophie zu lesen. Von dieser Zeit fängt sich mein Studium des Menschen, und meine practische Denkungsart an, und ich halte es für Pflicht, dem würdigen von mir so sehr verehrten Verfasser dieses Lehrbuches, dem Herrn Hofrat Feder in Göttingen, für die mir erweckten Ideen den gebührenden Dank öffentlich zu entrichten; seine Bescheidenheit wird vielleicht nicht vermuthen, dass sein Lehrbuch solche Wirkung hervorgebracht hat.

Ich bitte nun meine Leser, diese drei von mir soeben an geführten Umstände, wohl zu bedenken und zu überlegen, welche Geistesstimmung daraus entstehen müsse? Ob sie hier schon eine Anlage bemerken, durch welche solche schändliche und verabscheuungswürdige Entwürfe möglich werden, als man

Empfohlene Zitierweise:
Leopold Engel: Geschichte des Illuminaten-Ordens. Berlin: Hugo Bermühler Verlag, 1906, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Illuminaten-Ordens_(Engel)_061.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)