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Auf daß ich’s trag geduldiglich!
Herr Jesu Christ, mein Herr und Gott,
Mein Herr und Gott,
Tröst mir mein Seel in Todesnoth.


10.
4. Lection.
So predigt der treue Prediger Christian Scriver in Seelenschatz:

     Die Erfahrung lehrt, wenn man zwei Lauten neben einander auf den Tisch legt und auf der einen eine Saite berührt, daß sie erschallet, daß auf der anderen die Saite, welche mit der berührten gleichstimmig ist oder in einem Tone steht, sich auch bewegt, als wenn sie auch berührt wäre. Gelahrte Leute berichten, man könne das sehen, wenn man die zweite Saite mit einem Papierblättchen belege, welches alsdann bei Berührung der ersten herabfalle. Die gelahrten Naturkündiger haben über dieses Geheimnis viele Gedanken und bemühen sich, die Ursache zu erforschen, ich weiß aber nicht, ob sie einem sinnreichen Kopf mit aller ihrer Bemühung Vergnügen schaffen werden. Wir haben dieses Naturwunder darum zuvörderst auf die Bahn gebracht, daß es uns eine gute Erinnerung in unserem Christenthum geben soll, maßen es uns gar schön vorstellen kann die Gemeinschaft Christi und seiner Heiligen, wie auch dieser unter einander. Der HErr Jesus, der ewige Sohn Gottes, nachdem er aus großer Liebe zu den Menschen ein Mensch geworden, hat eine so genaue Verwandtschaft mit seinen Heiligen, daß unser Herz nichts berühren kann, das nicht zugleich sein Herz treffen sollte: wann den Seinigen hienieden auf Erden etwas widerfährt, es sei Gutes oder Böses, so empfindet er’s alsbald, ob er wohl zur Rechten der Majestät im Himmel sitzt. Wer den Seinigen eine Wohlthat erweist, der hat’s ihm selbst gethan; wer aber sie verfolgt, betrübt und beleidigt, der hat ihn verfolgt und betrübt, wie er selbst bezeugt, wenn er lehrt, daß er am großen Gerichtstage zu den milden Wohlthätern seiner Gläubigen werde sagen: „Was ihr gethan habt einem dieser meiner geringsten Brüder, das habt ihr mir gethan.“ – Und wie nun zwischen dem HErrn Jesus und seinen Gläubigen eine so genaue Verwandtschaft ist, also findet sie sich auch unter den Gläubigen, denn weil sie Glieder eines geistlichen Leibes sind und Eine Seele, Christum Jesum nämlich, und seinen Geist, Ein Herz und Einen Sinn haben, so kann eines ohne das andere wie die

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Wilhelm Löhe: Etwas aus der Geschichte des Diaconissenhauses Neuendettelsau. Verlag von Gottfried Löhe, Nürnberg 1870, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_des_Diaconissenhauses_Neuendettelsau_(1870)_054.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)