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die noch übrig gebliebenen Dithmarschen müssen in die Kirche fliehen; von hier aus suchen sie sich zu vertheidigen, doch bald an ihrer Rettung verzweifelnd, boten sie dem Grafen Gehorsam und Unterwerfung an, unter der Bedingung, daß ihnen nichts zu Leide geschähe. Gerhard aber, im Zorne des Siegers, beharrt auf unbedingter Unterwerfung und läßt, um sie herauszutreiben, die Kirche in Wörden anzünden. Da, in dieser äußersten Gefahr, hebt sich der Eingesperrten Muth wieder. Schon fing das Blei auf dem Dache an zu schmelzen und ihnen auf den Kopf zu träufeln, da schaarten sie sich zusammen und beschlossen, insgesammt einen Ausfall zu machen aus einem der Kirchenthore, und bald entstand für die, welche den Sieg so vollkommen errungen zu haben glaubten, ein sehr zweifelhafter Kampf; denn von den Holsteinern hatten sich viele zur Plünderung begeben und viele sogar schon zum Rückzug, um die Beute in Sicherheit zu bringen, so daß die Dithmarschen es jetzt mit wenigeren Gegnern zu thun hatten. Bald wurden sie auch durch die unverhoffte Ankunft anderer Kämpfer unterstützt; denn von den bei der Eroberung Wördens Versprengten kehrten viele, die sich in den Gräben und sonst verborgen hatten, nun bewaffnet zurück. Bald verwandelten sich die Geschlagenen in Sieger und die Verfolgung begann mit doppeltem Grimm, so daß auf dem schleunigen Rückzuge viele, auch der Edlen, erlagen. Inzwischen war der Verlust der Dithmarschen auch nicht unbeträchtlich. Zwei Mal waren sie angegriffen und verloren 1700 Mann. – Die eingeäscherte Wördener Kirche wurde schöner wieder aufgebaut; ein Theil der Beute ward zu einem noch fehlenden Kloster verwandt, und sie erbauten 1322 das Kloster zu Marne, welches der Jungfrau Maria geheiligt ward. Doch ist nicht aus Marienau oder Marnenau der Name Marne gebildet, sondern findet sich schon in viel früheren Urkunden[1].

In Folge dieses Zuges schloß Gerhard 1323 einen förmlichen Vertrag mit den Dithmarschen ab, in welchem wir die

  1. Excurs XIV: Das Dominicaner-Kloster in Meldorf.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/88&oldid=- (Version vom 14.6.2018)