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Grafschaft wieder an das Erzbisthum zurückzubringen. Aus diesem Grunde entschied Adalbert für den Hartwig, daß ihm sein Erbrecht zu Gute komme, und belehnte ihn mit der Grafschaft. Allein der junge Heinrich der Löwe wollte sich dieß keineswegs gefallen lassen, und brachte noch im selben Jahre 1145 eine Zusammenkunft der streitigen Partheien in Rameslohe zu Stande. In diesem Lehnsgericht muß es vorzüglich durch die Hitze des jungen Herzogs zu mancherlei heftigen Auftritten gekommen sein, denn man hört von allen, sowohl bremischen als benachbarten Berichterstattern übereinstimmend, die Klage, es habe Heinrich den Erzbischof behandelt, als wäre es sein Caplan gewesen. Er nahm ihn sogar mit seinem Propsten Hartwig gefangen und suchte ihn so mit Gewalt zu zwingen. Inzwischen mag wol eben dieses übereilte Verfahren und Vergehen an so hohen Geistlichen den jungen Herzog besonders zur Nachgiebigkeit bewogen haben; vorzüglich da er, der in so mannigfach verwickelter Lage stand, zumal bei seinem ersten Auftreten es mit der hohen Geistlichkeit nicht verderben durfte. Es kam zum Vergleich, von dem wir freilich urkundlich nichts wissen; doch dürfen wir wohl behaupten, daß gerade das Resultat desselben das wahre sein wird, welches Bolten das unwahrscheinlichste scheint, nämlich daß der Herzog nachgab wegen seiner Lage und ersten Uebereilung, und die Grafschaft in den Händen des Erzbischofs ließ, den wir auch wirklich, wenn wir uns die Mühe geben, dem Hergange näher zu folgen, im Besitz der Hauptschlösser Stade, Vöhrde und Freiburg finden. Hartwig der Dompropst mag auch gutwillig zurückgetreten sein, welches er auch gern konnte, da ihm ja die Erbfolge in Bremen zugesichert war, und somit ja auch in seinem Stammgute.

Es ist aber eine ganz falsche Meinung, die blos der viel spätere Kranz hat, wenn erzählt wird, daß Hartwig Dithmarschen gleich an Bremen gebracht habe, indem er gleich Anfangs nichts damit habe zu thun haben wollen, wegen des wilden Sinnes der Einwohner. Diese ganze Verwirrung kam leicht; die Sache stand so: Dithmarschen hatte die gräfliche Herrschaft abgeworfen, und wer es haben wollte, mußte kommen

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Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/70&oldid=- (Version vom 14.6.2018)