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die Gräfin, und da erzählt man, daß die Gräfin, als sie vernommen, was vorgefallen war, sich aus einem Fenster des Schlosses in einen Graben, der bei demselben vorbeifloß, gestürzt, und so ihr Leben geendigt habe, und daß von ihrem Namen Wallburg die Aue den Namen Wallburgsaue bekommen habe. Den Grafen suchte man lange vergeblich; endlich fand man ihn und tödtete ihn, wobei hinzugefügt wird, daß er durch eine zahme Elster verrathen worden sei, die ihn nicht habe verlassen wollen und immer seinen Namen gerufen habe. Nachdem dieses geschehen, zerstörten die Dithmarschen die Böklenburg gänzlich und machten sie dem Boden gleich. – Diese Begebenheit wird von allen Aelteren in’s Jahr 1144[1] hinversetzt, von den Neueren in das folgende, 1145, und zwar so, daß sie auf den Iden des Märzes (beiläufig gesagt, nicht der 13., sondern ganz gewiß der 15.) geschehen sei. Bolten, welcher den 13. März annimmt, sucht diesen Streit der Jahre zu schlichten, und entscheidet für das spätere Jahr. Im Grunde ist aber gar keine Unrichtigkeit da, indem bei näherer Beleuchtung der Sache keine Abweichung stattfindet. Denn aus mehreren Gründen wird es fast unzweifelhaft, daß in den meisten nördlichen Ländern nicht, wie jetzt, der 1. Januar, auch nicht, wie in Dänemark und anderen Orten, der 25. December, sondern der 25. März der erste Tag des Jahres war, mit welchem Tage man zugleich das Osterfest verband. Den ältern Berichterstattern also, die nach dieser Zeitrechnung sich richteten, mußte der 15. März an das Ende ihres Jahres fallen, und so schrieben sie noch 1144, und den Späteren mußte der Tag ins erste Viertel des Jahres 1145 fallen. – Was aber die Erzählung der alten Dithmarschen vom Tode jener Gräfin betrifft, so verhält sich die Sache wohl nicht ganz so, wie wir soeben ihnen nacherzählten. Die Aue soll nämlich den Namen Wallburgsaue, wie sie lange hieß, von ihr bekommen haben; wir wissen aber, daß die Aue in ziemlicher

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/67&oldid=- (Version vom 14.6.2018)
  1. Man hat vom Grafen Rudolf II. noch eine Schenkungsacte 1144, VIII. Cal. Augusti. Siehe Bolten II, 138.