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oder dergleichen genannt wird, sondern pagus Thetmarsiae oder Thetmarsium, und einmal Thetmarsia.

Nach dem Tode Lüder Udo’s III. folgt in Soltwedel sein Bruder Rudolf I.; in der Grafschaft aber, d. h. in Stade und Dithmarschen, folgt ihm Friedrich, ein Vornehmer aus der Grafschaft selbst, dem Lüder Udo schon lange vor seinem Tode die Verwaltung derselben übertragen hatte bis zur Volljährigkeit seines noch jungen Sohnes; unter welcher Bedingung auch Rudolf nur die Markgrafschaft angetreten hatte. Lüder Udo’s Sohn hieß Heinrich III. und hatte alles Recht, seinem Vater in der Regierung zu folgen, wenn er erst, wie man sich damals auszudrücken pflegte, zu seinen Jahren gekommen, d. h. mündig geworden wäre. Aber beide Verwalter scheinen sehr treulose Männer gewesen zu sein, und Friedrich ließ sich auch im höchsten Grade undankbar finden gegen das gräfliche Haus.

Er war nämlich auf höchst eigene Art auf diesen Platz gelangt. Seine Großmutter war eine vornehme Engländerin, welche mit ihrer Tochter das Unglück hatte, vom Sturm auf einer Seereise verschlagen zu werden, und in der Elbe bei Stade Schiffbruch zu leiden. Nach den Ansichten der damaligen Zeit, die namentlich von dem Erzbischof von Bremen sehr stark in Ausübung gesetzt wurden, hatte ein Schiffbrüchiger, so wie er ans Land kam, die Freiheit verloren. So durften auch die beiden Frauenzimmer nicht frei wieder in ihr Vaterland zurückkehren, und die Kirche gerade war es, hier also der Erzbischof von Bremen, die sie in Beschlag nahm, und beide wurden förmlich der Bremer Kirche als Leibeigene zugesprochen. Aber Oda, die Gemahlin Udo’s II., nahm sich freundlich ihrer an, verheirathete die Engländerin standesmäßig, d. h. so weit es geschehen konnte. Denn ein schwerer Makel blieb das immer, daß sie einmal der Knechtschaft zugesprochen war, und das so sehr, daß der Makel noch an Kindeskindern haftete. – Eben das macht der Markgraf Rudolf geltend gegen Friedrich, welchen er als den Enkel einer Leibeigenen nicht als Herrscher von Stade anerkennen wollte. Der Kaiser Heinrich V. nahm

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Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/63&oldid=- (Version vom 14.6.2018)