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gab[1]; oder wenigstens war alles nicht in dem Zustande wie jetzt. Doch wollen wir die näheren Bestimmungen unserer Meinung hierüber bis an einen spätern Ort verschieben, wo es passender erzählt werden möchte. So war gewiß damals die Eider nicht so streng begrenzend, wie jetzt: sie glich vielmehr einem Bache, der sich in mehrere Kanäle theilt, als einem Strom. Das hohe Land, die sogenannte Geest, war sehr bewaldet, und namentlich reich an Eichwäldern. Die Niederung, die Marsch, lag auch keinesweges unbewohnt, zu welcher Meinung Neocorus hinneigt, obwohl er darin nicht Unrecht haben mag, daß später viele Geschlechter die Geest verließen und hinabstiegen in die Marsch. – Wenden wir unsern Blick hin auf Leben und Wohnung dieser die Niederung bevölkernden Dithmarschen, so giebt Plinius im Anfange des 16. Buches seiner Naturgeschichte uns vielleicht das treueste Bild hievon. Er schildert die Anwohner der Nordsee: „illic misera gens tumulos obtinet altos, ut tribunalia structos manibus, ad experimenta altissima aestus“. Sie wohnen ausgesetzt der zwei Mal am Tage anströmenden Fluth, welcher sie nichts entgegenzusetzen haben als Wohnungen auf hohen Plätzen (welche entweder die Natur ihnen bot, oder die Menschenhände aufgethürmt hatten), so daß sie vor der höchsten Fluth, die sie erfahren, Schutz gaben. Gemeint sind auf Wurthen stehende Häuser. Und eben in der Marsch erkennen wir noch deutlich sowohl am Boden selbst, als an den Namen der Dörfer, wie Ammerswurth, Busenwurth, diese alten Wurthen wieder. So liegt Alden-Wörden, früher Olden-Wurden, auf einem solchen Erdhügel, der 20 Fuß über der Marsch erhaben und so ausgedehnt ist, daß die Kirche und der ganze Ort auf demselben steht. Auf solche künstliche Anhöhen, welche die Marschbewohner

  1. Ein Elbarm zog sich längs dem Dellwege und ergoß sich bei Ketelsbüttel in den Hauptstrom. Neocorus I, 209. Meld. Progr. 1852, S. 11. Das führt auf eine Insel Weslingburen, Neukirchen, Hemme; Büsum blieb bis 1584 Insel, die sich der Tradition nach viel weiter nach Süden erstreckte und Helmsand und Diecksand als Eigenthum betrachtete.
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Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/39&oldid=- (Version vom 14.6.2018)