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Kragen und mit Sammt besetzt. Interessant sind seine Anschauungen, denn er ist durchaus das Kind seiner Zeit. Nicht genug, daß er das Unglück, welches einzelnen Personen widerfährt, direct auf ihre Sünden bezieht und es in der Ordnung findet, daß sich der Zorn Gottes herabrufen lasse, erzählt er ohne Nebenbemerkung, daß man bei einem Deichdurchbruche, als alles nicht helfen will zu dämmen, erkannt habe animam quaeri, daß ein lebendiges Wesen müsse vergraben werden, um der Wuth der Elemente zu steuern. Gläubig erzählt er 1597 von einem Spuk in Weslingburen, von einem Gesicht der Gemahlin Herzog Johann Adolfs, von der Wasserprobe an einer Hexe, bei der er es gar nicht in der Ordnung zu finden scheint, daß man sie habe leben lassen, obgleich sie nicht untergesunken sei. 1618 wird in Meldorf eine Zauberin verbrannt. Das Ertrinken von hundert Schaafen bei einer Sturmfluth ist bereits nächtlicher Weile durch ein blasendes Hirtenhorn vorwarnend angedeutet. In der Sitte ist er streng, oft tönt seine Klage über Zuchtlosigkeit der Welt; er billigt die auf Ehebruch gesetzte Todesstrafe und zählt zürnend die Menge der Entehrten auf. Er ist ein eifriger Wetterbeobachter, dreimal führt er ein Erdbeben auf, 1580, 1590 und 1598; Sturm, Fluth und Gewitter spielen in seinen Aufzeichnungen eine große Rolle, trockene und nasse, wohlfeile und theure Zeit, aber auch eine Reihe von Naturerscheinungen, Nebensonnen, Kometen, Höfe um Sonne und Mond, sich kreuzende Regenbogen, Fata Morgana und gewaltiges St. Elmsfeuer (Vuer in der Lucht[1]). Aber wir werden auch aus seiner Erzählung inne, wie merkwürdig sich die Natur in unsern Gegenden geändert hat. Noch

  1. Neocorus II, 342: „Grot Vuer twischen der Heide und Lunden. Den 28. Januarii anno 1598 wert in der Nhamitternach twischen Fritach und Sonnavent ein grot Vuer, groter ungelich alß ein Hues gesehen, dat it uth der Heide geiht, unnd den Wech nha Lunden vor sich wech feret und dreen underschedlichen Partien, erstlich vor der Heide, darnach gegen Stelle unnd entlich bei den Bergen begegnet, de alle, alß Geloffwerdige, geloffwerdig berichten, dat se in solchem Füre nicht allein gewesen, sondern ock sine Wermede empfunden.“
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/179&oldid=- (Version vom 16.9.2022)