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werden, und es ist ein beredtes Schweigen, daß Neocorus politische Nachrichten fast gar nicht aufzeichnet. Auch über die Wahl der Beamten murrte man; den Fürsten, meint Neocorus, liege wohl noch Recht und Gerechtigkeit am Herzen, aber unter den Beamten seien manche, denen sich nicht viel Gutes nachsagen lasse. Die Starrheit einer Gemeinde, in welcher sich seit einem Jahrhundert jeder als einen der Träger der Herrschaft betrachtet hatte, mochte den Ernannten ihr Amt schwer genug machen, und Schroffheit und Eigensinn sie zu Maßregeln führen, die sie nicht hätten anwenden wollen. Auch waren die Ziele, welche die Fürsten verfolgten, nicht allemal glücklich; das Verbot einer Kornausfuhr 1562 – wir wissen nicht, aus welchen Gründen erlassen – berührte die Interessen des Landes schmerzlichst, das deshalb den einen seiner Landvögte, Wolt Reimers, als Deputirten an den Herzog Johann sandte. Dieß Verbot wiederholt sich trotz der Vorstellungen 1571; wir müssen unentschieden lassen, ob in Zusammenhang mit der Absicht, Holland mit dänischem Korn zu versorgen, wovon Hans Tobi 1579 (Michelsen, Urkundenbuch, S. 347) aussagte.

Die nächsten Bestrebungen der Fürsten waren namentlich auf zwei Puncte gerichtet, eine neue Redaction des Landrechts, an der außer dem gottorpischen Kanzler Adam Traziger auch der königliche Statthalter Heinrich Ranzau thätig gewesen war, und welches 1567 endlich zum Abschluß kam. Für das Land war es ein Danaergeschenk in doppelter Beziehung, insofern es durch seinen Namen glauben machte an eine Rechtscontinuität und doch das alte Recht in seinen Grundfesten erschütterte. Das alte Dithmarscher Landrecht war die Aufzeichnung des im Lande üblichen Rechtsgebrauches, ohne auf irgend welches andere Recht, gemeines, geschweige denn römisches Recht, Rücksicht zu nehmen. Es war sich seiner Eigenartigkeit gar wohl bewußt und setzte schwere Strafen darauf, wenn jemand Recurs an ein auswärtiges Gericht, und wär’s ein kaiserliches, nähme. Es war kurz und bündig und der Einzelne konnte es im Kopfe haben auch ohne weitere Rechtskenntniß. Und wie oft war er in Nemeden und Rechtsgeschäften, in die er wider Willen

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Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/144&oldid=- (Version vom 14.6.2018)