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Untergerichte und auf die unteren Verwaltungsbehörden, da überall Gerechtigkeitspflege von der Verwaltung nicht getrennt ist. Da sehen wir nun, daß Jeder sich zuerst an diese zu wenden hatte, und schwere Buße stand darauf, wenn Jemand mit Vorbeigehung des Kirchspielgerichts sich an die Achtundvierzig wandte, oder gar an das geistliche Gericht; denn dieß war besonders verhaßt. Steigen wir also zum Kirchspielsgericht hinab, so tritt uns zuerst der Schlüter als die höchste Behörde entgegen. Was sein Amt gewesen, liegt im Namen; auch wird er lateinisch claviger übersetzt. In jedem kleinen gab es zwei, in den größern vier, in Lunden sogar sechs seit 1500, wo die Kapelle St. Annen hinzukam, die einen eigenen Kirchenbezirk und zugleich zwei eigene Schlüter hatte, sich darum aber nie ganz vom Kirchspiel absonderte. Die Schlüter waren hauptsächlich Beschließer des Kirchenguts und hatten Zehnten und Pachtgelder aus jeder Bauerschaft in Empfang zu nehmen, und außerdem nahmen sie alles in Beschluß, was zu dem jährlichen Einkommen der Kirche gehörte. Demnächst waren sie vornehmlich die Friedensrichter, was wir Polizeibehörden nennen würden, und außerdem saßen sie im Geschwornengerichte; von ihnen ward das Urtheil abgefaßt, verkündet und vollzogen; galt es einem Mann, der vielleicht gestohlen, so handhabten sie selbst die Gerechtigkeit; denn einen Scharfrichter gab es nicht im Lande. Was war denn ihre richterliche Thätigkeit? Wenn einer im Kirchspiel eine Beschwerde hatte, so hatte er sich an den oder die Schlüter zu wenden, und da konnten diese nun die Sache gleich entscheiden. Waren die Partheien nicht mit der Entscheidung zufrieden, so hatten sie sich zu wenden an die Geschworenen; diese waren in kleinen Kirchspielen zehn Männer, in großen zwanzig. So bildeten die Geschworenengerichte die Zahl zwölf oder vierundzwanzig[1], denn die Schlüter kamen noch hinzu, und deren Zahl richtete sich ja gleichfalls nach dem größern oder kleinern Umfang des Kirchspiels. Da fragen wir zuvor, wie kam das Geschworenengericht zu Stande? Das

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Heinrich Kolster: Geschichte Dithmarschens. Nach F. C. Dahlmanns Vorlesungen im Winter 1826. Wilhelm Mauke, Leipzig 1873, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Geschichte_Dithmarschens_Kolster_1873.pdf/103&oldid=- (Version vom 14.6.2018)
  1. S. Excurs XVII: Die Schlüter und Geschworenen.