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Studien versäumte man am Ende die Meisterschaft. Wie unendlich groß ist das Reich der Formen; was gibt es noch da auszubeuten und zu thun auf Jahrhunderte lang! Vor Allem möchten wir das dem musikreichen Henselt zurufen. Seinen ersten Etuden, die die Welt durchflogen, rasch wie eine Siegesnachricht, hat er zwei neuere Hefte nachgeschickt: Etudes de Salon, zwölf an der Zahl. Man muß Henselt gehört haben, um es nie wieder zu vergessen; wie ein Blumenflor duften mich diese Stücke noch aus der Erinnerung an; ja seine Virtuosennatur umstrickt uns so mit ihren Reizen, daß wir auch was er von Andern dazu geliehen, als sein eigen betrachten, und nichts denken und vor Augen haben, als ihn. So könnte man, wie schon in den ersten Heften, so in diesen eine Menge Chopin’sches nachweisen; Henselt selbst wird es zugeben; aber es verschmelzt sich diese fremde Beimischung so wohl in der ganzen Persönlichkeit, daß es kleinlicher wäre, sie zu tadeln, als sie zu begehen. Auch bezieht sich diese Aehnlichkeit mit Chopin’s Weise mehr auf Aeußerliches, auf Figur; in der Hauptsache, der Melodie, ist er so selbstständig als irgend einer, und hätte eher Grund von seinen Schätzen zu verschenken, als zu entlehnen. Schöne Melodie, in schöne Formen gefaßt, zeichnet denn auch die Stücke dieser zweiten Sammlung aus. Ich wüßte mich darüber noch jetzt nicht anders auszusprechen, als in einem früheren Aufsatz über Henselt, dessen man sich vielleicht auch entsinnen wird; er ist und bleibt Henselt. In etwas nur