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jetzt größere Ansprüche an die Sonate machen; ja es scheint als wäre Beethoven dem Dichter, als er die Sonate schrieb, noch verhüllt gewesen; nur im letzten Satze bricht plötzlich und zum Verwundern ein romantischer Streif in die freundliche Gemüthlichkeit etwa wie ein Wolkenschatten in ein ruhendes, vom Monde beleuchtetes Dorf. Man wird die Stelle im Augenblick herausfinden. Der Satz ist übrigens der kraft- und schwungreichste. Im Adagio trifft man mehr Mozart’schen Geist; Charakter, Melodie und Begleitungsformen, Alles weist darauf hin; einige seltenere Tacte heben sich auch hier hervor. Eben so tüchtig und als Kunstaufgabe von Bedeutung ist das „Vaterunser“. Man könnte es, glaub’ ich, auch einem guten Musikkopf für ein Kirchenstück aus der blühendsten Zeit der alten Italiäner ausgeben, es müßte jenen denn das Wohllautendere und Anmuthigere des Satzes stutzig machen. Die beiden Kanons durchspinnen sich darin so leicht, natürlich und schön, daß man die Kunst kaum heraushört, und dann ist es das Wahre. Auch in der Idee mag das Stück ausgezeichnet werden; es scheint mir nicht undichterisch, die Massen sich in solcher Weise dem Höchsten zuwenden zu hören; auch ist unser Gebet wohl auf diese Weise noch nirgends aufgefaßt. Das Ganze mag leise gehalten, dabei aber das wohlbedachte „Con anima“ zu Anfang des Chors nicht außer Acht gelassen werden. Die Stimmen sind meisterlich strenge geführt, wenn ich anders genau sah, sogar bis auf den