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So liegt sie nun fertig da, das geflügelte Kind einer seltenen Phantasie mit seinem classisch-romantischen Doppelgesicht und der vorgehaltenen humoristischen Maske. Wer etwas liebt, glaubt es auch am besten zu verstehen und in einem von Beethoven wiederklingenden Concertsaale stehen oft Dutzende von Jünglingen, selig im Herzen, von denen jeder für sich denkt: „so wie ich versteht ihn doch Niemand.“ Im besten Sinne getrau’ ich mir denn die Sonate zu erklären als ein Stück aus dem Leben des Componisten selber, das er wissend oder unwissend in seine Kunst übersetzte, ein Stück mit so viel innerem Mondschein und Nachtigallzauber, wie es nur der Jugend zu schaffen möglich, in das wohl auch oft eine Jean Paul’sche Satyrhand hineingreift, damit es sich nicht zu weit entferne vom gemeinen Lebensmarkt. Irr’ ich nicht, so wollte es der Componist sogar einer Jean Paul’schen Person dediciren, der Liane von Froulay; ein Gedanke, den ihm mancher andere Dedicator sehr verdenken möchte, da das Mädchen schon längst gestorben, und überdies ja nur in einem Buch.[H 1] Aber Liane hätte die Sonate verstanden, wenn auch mit Beihilfe Siebenkäse’s, der ja selbst einen „Schwanzstern,“ ein Extrablatt, eingeschaltet im Scherzo. Die Sonate möge denn ihren Lauf antreten durch diese prosaische Welt. Spuren wird sie überall zurücklassen. Die Alten werden die Perücken schütteln, Organisten über Fugenlosigkeit schreien, und Flachsenfingen’sche Hofräthe fragen, ob das auch ad majorem Dei gloriam[H 2] componirt

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Im Titan. II.217 Commons
  2. [GJ] Wahlspruch des G. Schillingschen „Deutschen Nationalvereins“ und der „Jahrbücher“ desselben. II.217 Commons