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Schwester – denn gäbe es ohne Natur wahre Kunst, ohne Gott eine Welt? und doch wird diese mehr angestaunt und der Gott oft darüber vergessen! –

20. Oct. – Welche reine Freude genoß ich heute durch den Blick in eine ausgezeichnete, hochgebildete Seele: – ich las einen Aufsatz von Moscheles über Schumann’s Sonate – er ist ein Meisterstück voller Einsicht, Klarheit – er trifft immer das Wahre und sagt uns durch ein Paar Worte das vollständigste Urtheil. – Wie wohl thut es, solche goldene Früchte zu erblicken in einer Zeit, wo das geistige Obst meist unreif abgenommen wird. – Moscheles, hätte er mich gesehen, hätte mich um meine Freude über seine Worte beneiden müssen. –

21. Oct. – Wie paßte heute des Altvaters Haydn kostbare B dur-Symphonie zu Moscheles Aufsatz – diese Sonnenklarheit! – Himmlischer Wohllaut liegt in diesen Klängen, die nichts von Lebensüberdruß merken lassen, die nichts erzeugen als Frohsinn, Lust am Dasein, kindliche Freude über Alles und – welch ein Verdienst hat er dadurch noch um die jetzige Zeit, diese krankhafte Epoche in der Musik, wo man so selten innerlich befriedigt wird. –

3. Nov. – Heute spielte Mendelssohn das G dur-Concert von Beethoven mit einer Meisterschaft und Vollendung, die Alle hinriß. – Ich hatte einen Genuß wie selten im Leben und ich saß da, ohne zu athmen, ohne ein Glied zu rühren, aus Furcht vor Störung. –