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halten, wo so viele Träume Abschied von uns nehmen, um der Wirklichkeit Platz zu machen. Die folgenden Sätze tragen denselben Doppelcharakter von Resignation und Lebemuth, obwohl ich nicht läugne, nach solchem ersten Satz im letzten etwas Tieferes an Combination erwartet zu haben. Doch genügt dem Wohlwollenden auch das Gegebene.

Das jüngst erschienene Liederheft[H 1] gibt dem früheren an Reichthum und Gehalt nichts nach. Die Texte sind mit feinem Auge herausgefunden, die Zustände der melancholischen, aufgeregten Natur des Tonsetzers verwandt: „wer nie sein Brot mit Thränen aß“ (Goethe) – „hell glühen die Sterne im dunklen Blau“ (Stieglitz) — „ich schleich’ umher, betäubt und stumm“ (Platen) — „wundes Herz hör’ auf zu klagen“ (J. Schopenhauer) — „ich reit’ in’s finstre Land hinein“ (Uhland). Alles finden wir hier, was wir von einem Lied fordern dürfen: poetische Auffassung, belebtes Detail, glückliches Verhältniß des Gesanges zum Instrument, überall Wahl und Einsicht und warmes Leben. Am wenigsten kann ich mich indeß mit dem Goethe’schen Gedicht einverstanden erklären; die Figur, wiewohl sie sich durch den Harfenspieler deuten ließe, scheint mir zu äußerlich, zu zufällig, und das zarte Leben des Gedichtes zu übertönen. Bei Franz Schubert erschien dies Festhalten einer Figur das ganze Lied hindurch als etwas neues; junge Liedercomponisten sind vor der Manier sehr zu warnen. Tiefern Ursprungs sind aber

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] [Werk 6]