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Wir Alle wissen noch von der Schule her, wie wir uns vor gewissen Lehrern ihrer Kälte und Strenge wegen beinahe fürchteten, während wir uns auf die „Stunden“ anderer ordentlich freuten. Aehnlich verhalten sich andere Etuden zu unsern; man bleibt mit Freude über die Zeit bei ihnen und sucht sie recht inne zu werden, da sie einen gleich von vorneherein freundlich ansehen und durch nichts Schwierigverwickeltes abschrecken. Und dann stoßen wir oft auf traurige Gestalten, welche die Schulstube zusammen gedrückt, stumm und scheu gemacht hat. Sie wissen, sind sie sich selbst überlassen, weder rechts noch links, — wissen nicht, wie sie es anfangen sollen, weiter zu kommen, — gehen zwei Schritte vor und wieder einen zurück. In solche erkältete Naturen Leben und Ton zu bringen, gebe man ihnen diese und ähnliche Etudencompositionen in die Hand, deren Schwierigkeiten der Möglichkeit der freien Darstellung nicht im Wege stehen.

Als Etuden besonders besehen, so erkennt man in ihnen den gründlichen Virtuosen, der sein Instrument, wenn auch nicht nach vielen Seiten hin, doch dessen eigentlichen charakteristischen Ton studirt hat, der dem Spieler nichts zumuthet, was er nicht nach und nach mit Sicherheit ausführen lernen könnte, der, mit einem Worte, etwas Unclaviermäßiges gar nicht mehr erfinden kann. Erwarte man also keine gefährlichen Zickzackläufe oder Riesensprünge, sondern eben Graziengänge und Windungen, welche die Glieder minder kräftigen, als frei und geschmeidig machen. – Die erste und dritte