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ließe. Wär’ es nicht, so wär’ es noch schlimmer; wär’ es aber, so hätte es immerhin auf dem Titel bemerkt sein können. Harmonische Fertigkeit, d. h. Kenntnisse und Routine in der Harmonie, besitzt der Componist unbezweifelt; er sollte sie vor Allem zur Ausbildung und Veredelung der Melodie benutzen; denn daran gebricht es ihm gänzlich und dies Urtheil basirt sich nicht auf dieses Werk von seiner Hand allein.

Wie es passive Genies gibt, so auch passive Talente: jene leben z. B. in und von Beethoven, diese in Hummel. Hr. O. Gerke scheint viel gehört, studirt und in sich aufgenommen zu haben; seine Compositionen haben Anordnung, Verhältniß, Sinn; aber nirgends zeigt sich eine primäre Kraft; seine Stimme ist stets wie belegt, gedämpft: er muß noch zu sehr nach dem rechten Ausdruck suchen, sich erst in die Stimmung versetzen, als daß er sich frei und unbewußt in einer höheren ergehen könnte. Das Rondo ist, gegen zehn andere gehalten, jedenfalls schätzenswerth; aber es greift nicht durch, gebietet uns nicht, es anzuerkennen; es fordert nur unser Urtheil heraus, zur Theilnahme, Mitleidenschaft vermag es nicht zu erregen. Indeß kann sich das leicht zum Besten verkehren und eine Umsetzung auf fremden Boden thut oft Wunder. Man müßte ja wahrhaft bedauern, wenn ein gewiß edleres Bemühen, als das von Hunderten, noch dazu bei so vielen technischen Hülfsmitteln, nicht einmal in die Mitte treffen sollte. Was an uns, so wird über spätere Leistungen die Rechenschaft nicht ausbleiben.