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dürfen. Als Composition muß man das Heft dem Besten der Genremusik gleichstellen, — ein wahrer Brillanten-Schmuck, wo jeder einzelne eine besondere Farbe trägt und alle aus derselben Mine gekommen scheinen — Geist und Originalität auf jeder Seite, daneben schöner freier Satz und innige Kenntniß der Mittel des Instruments. Ob der Componist auch über größere Formen herrsche, wissen wir leider nicht, da wir von seinen andern Compositionen, die der Hofmeistersche Katalog[H 1] aufzählt, nichts zu Händen bekommen konnten. Erfahren wir etwas darüber, so soll es der Leser auch. Noch berichtigen wir einen Irrthum mit großer Freude. Wir führten an der oben bezeichneten Stelle an, daß der Verfasser gestorben sein solle. Nach andern guten Nachrichten lebt er indeß noch in Paris, soll sich jedoch von aller weltlichen Musik losgesagt haben und nur dem Studium des Contrapuncts leben. Wir führen dies an, da nach den obigen Ecossaisen die Zukunft des Componisten mehr der glänzenden Welt, als dem engen Kloster anzugehören schien, — jene müßten denn, wie es auch vorkömmt, in einer besonders aufgeregten Lebensepoche entstanden sein.




Maria Szymanowska, 12 Etuden (Heft 1. 2.).


Der Name wird vielen eine schone Erinnerung sein.[H 2] Wir hörten diese Virtuosin oft den weiblichen Field nennen, worin, diesen Etuden nach zu schließen, etwas

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Hofmeister Monatsberichte ist ein bedeutendes Verzeichnis von Musikalien, das mit seinen Vorläufern und Nachfolgern die Notenpublikationen Mitteleuropas 1829–1947 abbildet.
  2. [GJ] Anmerkung 52 (zu GJ I.187), I.338.:
    Goethe lernte die ebenso durch Schönheit und Anmuth wie durch ihre Kunstleistungen ausgezeichnete Frau 1823 in Marienbad kennen, sah sie auch noch in Karlsbad und Weimar wieder und war von ihrem „wundervollen Talent“, von ihrem „herrlichen“, „unglaublichen“ Clavierspiel wahrhaft entzückt. „Hinter der polnischen Liebenswürdigkeit stand das größte Talent gleichsam nur als Folie, oder, wenn Sie wollen, umgekehrt das Talent würde einen erdrücken, wenn es ihre Anmuth nicht verzeihlich machte“. In das Album der Frau Szymanowska (die seit 1820 von ihrem Manne getrennt lebte) schrieb Goethe im August 1823 das Gedicht „Aussöhnung“, das auch auf seine Begegnung mit Ulrike v. Levezow Bezug nimmt:

    Die Leidenschaft bringt Leiden! Wer beschwichtigt
    Beklommnes Herz, das allzuviel verloren?
    Wo sind die Stunden, überschnell verflüchtigt?
    Vergebens war das Schönste dir erkoren!
    Trüb ist der Geist, verworren das Beginnen;
    Die hehre Welt, wie schwindet sie den Sinnen!
    Da schwebt hervor Musik mit Engelsschwingen,
    Verflicht zu Millionen Tön’ um Töne,
    Des Menschen Wesen durch und durch zu dringen,
    Zu überfüllen ihn mit ew’ger Schöne:
    Das Auge netzt sich, fühlt im höhern Sehnen
    Den Götterwerth der Töne wie der Thränen.
    Und so das Herz erleichtert merkt behende,
    Daß es noch lebt und schlägt und möchte schlagen,
    Zum reinsten Dank der überreichen Spende
    Sich selbst erwidernd willig darzutragen.
    Da fühlte ich — o daß es ewig bliebe! —
    Das Doppelglück der Töne wie der Liebe.