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wundersame, und nur in der Mitte trat einmal neben jenem Hauptgesang auch eine Tenorstimme aus den Accorden deutlicher hervor. Nach der Etude wirds Einem, wie nach einem sel’gen Bild, im Traum gesehen, das man, schon halbwach, noch einmal erhaschen möchte; reden ließ sich wenig darüber und loben gar nicht. Er kam alsbald zur andern in F moll, die zweite im Buch, ebenfalls eine, in der sich Einem seine Eigenthümlichkeit unvergeßlich einprägt, so reizend, träumerisch und leise, etwa wie das Singen eines Kindes im Schlafe. Wiederum schön, aber weniger neu im Charakter als in der Figur folgte die in F dur; hier galt es mehr, die Bravour zu zeigen, die liebenswürdigste, und wir mußten den Meister sehr darum rühmen… Doch wozu der beschreibenden Worte! Sind sie doch sämmtlich Zeichen der kühnen, ihm innewohnenden Schöpferkraft, wahrhafte Dichtergebilde, im einzelnen nicht ohne kleine Flecken, im Ganzen immerhin mächtig und ergreifend. Meine aufrichtigste Meinung indeß nicht zu verschweigen, so scheint mir allerdings das Totalgewicht der früheren großen Sammlung bedeutender. Es kann dies aber keinen Verdacht etwa auf eine Verringerung von Chopin’s Kunstnatur oder auf ein Rückwärtsgekommensein abgeben, da diese jetzt erschienenen ziemlich alle mit jenen zugleich entstanden und nur einzelne, denen man auch ihre größere Meisterschaft ansieht, wie die erste in As und die letzte prachtvolle in C moll, erst vor Kurzem. Daß unser Freund überhaupt aber jetzt wenig schafft und