Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.2 (1854).pdf/103

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
5.
12 Etuden für Pianoforte von Friedrich Chopin.
Werk 25 – Zwei Hefte. –


Wie dürfte denn dieser in unserm Museum fehlen, auf den wir so oft schon gedeutet, wie auf einen seltenen Stern in später Nachtstunde! Wohin seine Bahn geht und führt, wie lange, wie glänzend noch, wer weiß es? So oft er sich aber zeigte, war’s dasselbe tiefdunkele Glühen, derselbe Kern des Lichts, dieselbe Schärfe, daß ihn hätte ein Kind herausfinden müssen. Bei diesen Etuden kömmt mir noch zu Statten, daß ich sie meist von Chopin selbst gehört, und „sehr à la Chopin spielt er selbige“ flüsterte mir Florestan dabei in’s Ohr. Denke man sich, eine Aeolsharfe hätte alle Tonleitern und es würfe diese die Hand eines Künstlers in allerhand phantastischen Verzierungen durcheinander, doch so, daß immer ein tieferer Grundton und eine weich fortsingende höhere Stimme hörbar – und man hat ungefähr ein Bild seines Spieles. Kein Wunder aber, daß uns gerade die Stücke die liebsten geworden, die wir von ihm gehört, und so sei denn vor Allem die erste in As dur erwähnt, mehr ein Gedicht, als eine Etude. Man irrt aber, wenn man meint, er hätte da jede der kleinen Noten deutlich hören lassen; es war mehr ein Wogen des As dur-Accordes, vom Pedal hier und da von Neuem in die Höhe gehoben; aber durch die Harmonieen hindurch vernahm man in großen Tönen Melodie,