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gewiß, daß sie der Componist nicht zum Zeitvertreib geschrieben, sondern deshalb, um die Clavierspieler auf jene alte Meisterform wieder aufmerksam zu machen, sie wieder daran zu gewöhnen, und, daß er dazu die rechten Mittel wählte, indem er alle jene unglücklichen, nichtsnützigen Satzkünsteleien und imitationes mied und mehr das Melodische der Cantilene vorherrschen ließ bei allem Festhalten an der Bach’schen Form, sieht ihm auch ganz ähnlich. Ob aber vielleicht auch nicht die letztere mit Nutzen umzugestalten, ohne daß dadurch der Charakter der Fuge aufgelöst würde, ist eine Frage, an deren Antwort sich noch Mancher versuchen wird. Beethoven rüttelte schon daran; war aber anderweitig genug beschäftigt und schon zu hoch oben im Ausbau der Kuppeln so vieler anderer Dome begriffen, als daß er zur Grundsteinlegung eines neuen Fugengebäudes Zeit gefunden. Auch Reicha versuchte sich, dessen Schöpferkraft aber offenbar hinter der guten Absicht zurückblieb; doch sind seine oft curiosen Ideen nicht ganz zu übersehen. Jedenfalls bleibt immer die die beste Fuge, die das Publicum – etwa für einen Strauß’schen Walzer hält, mit andern Worten, wo das künstliche Wurzelwerk, wie das einer Blume überdeckt ist, daß wir nur die Blume sehen. So hielt einmal (in Wahrheit) ein übrigens nicht unleidlicher Musikkenner eine Bach’sche Fuge für eine Etude von Chopin – zur Ehre beider; so könnte man manchem Mädchen die letzte Partie einer, z. B. der zweiten, Mendelssohn’schen Fuge (an der