Seite:Gesammelte Schriften über Musik und Musiker Bd.1 (1854).pdf/74

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und gesprochen würde, als in Wien. Man fürchtet sich dort vor allem Neuen, was über den alten Schlendrian hinausgeht; man will dort auch in der Musik keine Revolution.[H 1]

Fl.

Zu Gotthold Wedel’s Verdeutschungsvorschlägen.[H 2]

Unser sehr lieber, sehr sinniger Wedel muß längst gemerkt haben, wie auch uns der Gegenstand der Betrachtung werth erscheint. So gibt die Zeitschrift die Compositionstitel so deutsch wie möglich; das Auge wird sich daran gewöhnen und zuletzt man sich wundern, warum z. B. ein „mit inniger Empfindung" statt „con gran espressione” sich nicht ebenso gut ausnehmen sollte, und auf jeder Seite soll’s überhaupt nicht bemerkt werden.

Ob man mit Einführung so seltsamer Wörter wie „Bardiet” für „Symphonie” anklingen wird, zweifle ich durchaus und stimme nicht dafür;[H 3] unser „Lied” nimmt uns Niemand, dagegen wir die „Sonata,” das „Rondeau” da lassen wollen, wo sie entstanden; es wird gar nicht möglich sein, den Begriff zu verdeutschen, etwa durch das affectirte „Klangstück” oder „Tanzstück.” Also nicht zu viel, aber werfe man die „composées et dédiées” hinaus!

Statt der Vortragsbezeichnungen halte auch ich sehr auf eine Zeichenschrift, welche der der Noten näher steht, als das schnell abschließende Wort. Wie schnell faßt das

Anmerkungen (H)

  1. [GJ] Der Schluß des Bruchstückes läßt wohl die Deutung zu, daß Schumann in Bezug auf Wien aus eigener Wahrnehmung geschrieben; er verlebte den Winter 1838/39 in der Kaiserstadt und hatte dort in musikalischer Beziehung nicht eben die erfreulichsten Erfahrungen gemacht. II.511.
  2. [GJ] Dies ist das „Nachwort“ zu einem Aufsatz Wedels: „Sprache der Tonkunst“ (1836, V, 11), der gegen den Gebrauch der Fremdwörter in der Musik eiferte, Zuccalmaglio, ein Deutscher mit Leib und Seele, ging in seinem verdienstlichen Bestreben, die deutsche Sprache von allem Fremdländischen zu reinigen, insofern zu weit, als er auch diejenigen Kunst-Ausdrücke beseitigt wissen wollte, die überall fest eingebürgert und schwerlich durch deutsche Bezeichnungen zu ersetzen sind. Er selbst bediente sich grundsätzlich niemals eines Fremdworts, wiewohl seine Verdeutschungen manchmal recht ungefügig und gezwungen waren. Darin liegt wohl auch der Grund, daß seine Mitarbeiterschaft an der Zeitschrift, für die er eine ansehnliche Zahl meist freier Aufsätze schrieb, die verdiente Würdigung — wenigstens in weiteren Kreisen — nicht gefunden hat. Zuccalmaglio schrieb z. B. Tonspiel oder Bardiet statt Symphonie, Tonzeug statt Instrument, Tonbühne statt Orchester, Gedreie, Geviere statt Trio, Quartett, Klangstück statt Sonate, Laise statt Choral, Pommer statt Fagott, Zinke statt Clarinette, Ruhklang und Unruhklang statt Consonanz und Dissonanz, liedlich statt lyrisch, bühnlich statt dramatisch u. s. w. I.345. [WS] „Dorfküster Wedel“ war das Davidsbündler-Pseudonym, unter dem Anton Wilhelm von Zuccalmaglio (1803–1869) in der Neuen Zeitschrift für Musik schrieb.
  3. [GJ] Es müßte auffallen, daß Schumann sich hier so entschieden für die Einführung deutscher Titel ausspricht und doch noch drei eigene Werke mit französischer Aufschrift erscheinen ließ, wenn es nicht am Tage läge, daß er darin den Verlegern hatte zu Willen sein müssen. Im April 1836 kündigte er in der Zeitschrift als demnächst erscheinend an: „Fasching. Schwänke aus 4 Noten für Pianoforte von Florestan, Op. 12“, — das Werk erschien im August 1837 unter dem Titel: „Carnaval. Scènes mignonnes etc. Oe. 9“. Im Mai 1836 war angezeigt: „X Etüden im Orchestercharakter für Pianoforte von Florestan und Eusebius, Op. 13“, — sie erschienen im September 1836 als Etudes symphoniques“ und unter Schumanns Namen, gleichzeitig auch das „Concert sans Orchestre, Oe. 14“. Letzteres war ursprünglich als Sonate bezeichnet. Da aber der Verleger einer „Sonate“ keine sonderliche Zugkraft zutrauen mochte, so wurde das Werk, nach Ausscheidung der beiden Scherzos, in ein „Concert“ umgewandelt. In einer zweiten Ausgabe (1853) wurde die erste Bezeichnung wieder hergestellt. Im Juni 1836 war die Fis moll--Sonate unter dem Titel: „Pianoforte-Sonate, Clara zugeeignet von Florestan und Eusebius“ erschienen. Schumanns Wunsch (Brief vom 7. Febr. 1838), eine neue Ausgabe unter dem Titel: „1ste Sonate für Pianoforte von Rob. Schumann“ herzustellen, erfüllte der Verleger nicht. Erst zwei Jahre später erschien eine neue Titel-Ausgabe, aber mit französischer Aufschrift — schwerlich mit Zustimmung des Verfassers. — Von 1837 an bediente sich Schumann nur deutscher Titel. I.345.