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Felix Mendelssohn-Bartholdy, drei Capricen. Werk 33.[H 1]


Oft ist’s, als breche dieser Künstler, den der Zufall schon bei seiner Taufe beim rechten Beinamen genannt, einzelne Tacte, ja Accorde aus seinem Sommernachtstraum und erweitere und verarbeite diese wiederum zu einzelnen Werken, wie etwa ein Maler seine Madonna zu allerhand Engelsköpfen. In jenem „Traum“ liefen nun einmal des Künstlers liebste Wünsche in’s Ziel zusammen: es ist das Resultat seines Daseins — und wie es schön und bedeutend, wissen wir Alle. — Zwei der obigen Capricen mögen einer frühern Zeit angehören, die mittlere nur der jüngsten;[H 2] jene könnten auch von andern Meistern geschrieben sein, in der mittleren steht aber auf jeder Seite wie mit großen Buchstaben: F. M. B.; — vor Allem liebe ich diese und halte sie für eine Genie, die sich heimlich auf die Erde gestohlen. Da spannt und tobt nichts, spukt kein Gespenst, neckt nicht einmal eine Fee; überall tritt man auf festen Boden, auf blumigen, deutschen; ein Walt’scher Sommerflug über’s Land aus Jean Paul[H 3] ist es. Bin ich auch beinah überzeugt, daß dies Stück Niemand mit so unnachahmlicher Anmuth spielen könne als der Componist, und gebe ich Eusebius Recht, der meint, „er (der Comp.) könne damit das liebendste Mädchen auf einige Augenblicke untreu machen,“ so mag sich dies durchsichtig schimmernde Geäder, dieses wallende Colorit, diese feinste Mienenbeweglichkeit

Anmerkungen (H)

  1. [WS] Felix Mendelssohn Bartholdy, Trois Caprices op. 33, Leipzig: Breitkopf & Härtel 1836 IMSLP:
    1. Adagio quasi fantasia. Presto agitato, a-moll. 1834
    2. Allegro grazioso, E-Dur. 1835
    3. Adagio. Presto con fuoco, b-moll. 1833
  2. [GJ] Die erste ist 1834, die zweite 1835, die dritte 1833 entstanden.
  3. [WS] Walt ist eine der Hauptfiguren in Jean Pauls Roman Flegeljahre (1804–05).